5 52. Nebenrechte aus der Anstaltsnutzung. 515
um in Widerspruch mit diesem besonderen Recht eine vorteilhaftere
Bemessung der Schadensersatzansprüche zu ermöglichen ®,
®® Das Reichsgericht hat in mehreren Fällen zu entscheiden gehabt, ob
die Post unabhängig von den besonderen postrechtlichen Bestimmungen über
ihre Haftung in Anspruch genommen werden könne für den Schaden, den ihre
Beamten bei Ausführung der übernommenen Besorgungen angerichtet haben.
R.G. 17. Juni 1887 (Entsch. XIX S. 101): Der Postbote hatte das einzuholende
Wechselakzept der Einfachheit halber selbst mit dem Namen des Trassaten
versehen; die Post wird trotz der auf Grund Postges. $ 50 ausgeschlossenen
Haftung verurteilt, weil die außervertragliche Haftung selbständig daneben-
stehe. R.G. 1. März 1904 (Entsch. LVII S. 150): Schadensersatzklage wegen un-
gültiger Arrestzustellung abgewiesen, da „im vorliegenden Falle lediglich das
zwischen der Postverwaltung und der Klägerin bestehende Vertragsverhältnis in
Frage kommt“, und Postges. 3 6 Abs. 5 die Haftung ausschließt. R.G. 3, Dez. 1907
(Entsch. LXVII 8. 182): Kläger ist mit einem Postfuhrwerk verunglückt, das
durch „eine unerlaubte Handlung“ des Postbeamten in schadhaftem Zustande war;
der postrechtlich vorgesehene Ausschluß der Haftung (durch Verjährung) gilt, da
die unerlaubte Handlung „zu einer unerlaubten nur dadurch wurde, daß sie bei
Erfüllung des von dem Kläger mit der Post abgeschlossenen Vertrages geschah“.
Wo die Grenzlinie läuft zwischen wirksamem Haftungsausschluß und unwirksamem,
ist hier nicht einzusehen. Vgl. zu diesen Entscheidungen: Schmidt, in Gruchot
Beitr. XXXIIIS. 184 f.; Mittelstein, Beitr. S.37; Dambach, Postges. 8. 86;
Aschenborn, Postges. S. 93 f.; Delius, Haftung des Beamten S. 344.
Der Fehler ist, daß man die Bestimmungen des Postges. über „Garantie“
unter den Gesichtspunkt von vertragsmäßigen Beschränkungen der Haftpflicht des
Unternehmers gebracht hat. Wie das Gesetz sich ausdrückt, wenn es das meint,
dafür gibt H.G.B. $ 459 ein Beispiel an der Haftung der Eisenbahnen aus dem
Frachtvertrag. Postges. Abschnitt II „Garantie“ spricht gar nicht im Tone solcher
Einschränkungen; daher die Verwirrung. Es braucht auch nicht in diesem Tone
zu sprechen, da das ganze Verhältnis auf öffentlichrechtlichem Boden steht. Bei
einer privatrechtlich betriebenen Anstalt, wie die Eisenbahn, ist auch für die
Frage eines etwaigen Schadensersatzes der Vertrag mit dem Unternehmer ent-
scheidend und dessen daraus folgende Haftung; diese begreift in sich auch die
Folgen von Fehlern, die von seinen Leuten begangen wären im Bereich des
Vertragsverbältnisses. Daneben trägt er noch selbständig eine Haftung für ihre
Rechtswidrigkeiten außerhalb dieses Bereichs. Bei den öffentlichrechtlichen An-
stalten, wie Post und Telegraph, steht umgekehrt die Schadensersatzpflicht der
Beamten in erster Linie: sie sollen hier dem Dritten selber eintreten für rich-
tige Besorgung der Anstaltsleistungen, zu welchen sie verwendet sind. Vgl. oben
Bd. 18. 191 f.; hier $ 51 Note 17. Wenn nun das Gesetz bestimmt, daß auch
der Unternehmer in gewissem Maße Entschädigungspflichten („Garantien“) für das
Fehlgehen seiner Anstalt trägt, so bedeutet das keine Einschränkungen einer
vertragsmäßigen Haftung, die an sich bestünde, sondern umgekehrt eine be-
sondere Zutat zu der zunächst allein gegebenen persönlichen Haftung der
Beamten.
Allerdings käme jetzt außer der postgesetzlichen Bestimmung noch in Frage
die neue Gesetzgebung, die an E.G. z. B.G.B. Art. 77 anknüpft, also, was uns vor
allem angeht, Reichsges. v. 22. Mai 1910 $ 1, wonach das Reich die Haftung seiner
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