538 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Die Form der Einwirkung selbst mag dabei sehr ver-
schieden sein.
Sie kann sich.darstellen als eine obrigkeitliche Willenserklärung,
die über den Einzelnen ergeht, um rechtlich bestimmend für ihn
zu sein, als Verwaltungsakt, der einen Befehl, eine Belastung
mit einer Leistungspflicht, eine Rechtsentziehung bedeutet. Der
Enteignungsausspruch ist das nächstliegende Beispiel. Ihm schließen
sich an die Belastung von Grundstücken mit zeitweiliger Benutzung
oder mit Entnahme von Straßenbaumaterial*®, die Einberufung zum
Schöffen- und Gesehwornendienst ®°, die Zurücknahme einer gewerbe-
polizeilichen Erlaubnis®!,
Sie kann auch in einer an sich rechtlich gleichgülti-
gen Handlung bestehen, die selber den Geschädigten gar nicht
oder nur sehr unwesentlich berührt, an welche aber das Gesetz
die Wirkung knüpft, ihn rechtlich zu belasten: Schiffbarmachung
eines Flusses mit der Wirkung der Entstehung der Leinpfadlast,
Aussteinung der Rayonservitut, Aufstellung eines städtischen Be-
bauungsplanes, der das gesetzliche Bauverbot in Kraft treten läßt ®.
Sie kann erscheinen als eine einfache Anforderung, welche ge-
setzlich die Pflicht zu Sachleistungen und Diensten erzeugt: Natural-
leistungen für das Heer, Quartierleistung, Zeugen- und Sachverständi-
genpflicht #3,
Auch ohne alle vorausgehende rechtliche Bestimmtheit des
Eingriffs wird unter Umständen mit der Tat vorgegangen gegen
Privateigentum, um es für die Verwaltung zu benutzen mit der
dieser eigentümlichen Unwiderstehlichkeit®*: der Postwagen, die
Feuerwehr, vor allem die übenden Truppen vollziehen solche Ein-
griffe. Oder auch bloß um zu zerstören: so gegen den Weinberg,
in welchem ein Reblausherd entdeckt worden ist, gegen die Gebäude
vor der freizulegenden Festung, gegen seuchenverdächtiges Vieh.
Wenn man die Entschädigung, die hier geleistet wird, noch einiger-
maßen mit der bei der Enteignung vergleichen kann, weil auch hier
der Eingriff absichtlich geschieht, so trifft das schon bei den Manöver-
schäden nicht ganz zu: es wird einfach rücksichtslos vor-
*° Vgl. oben $ 40 bei Note 16 u. 18, Note 22.
20 R.Ges. 29. Juli 1913.
#1 Gew.Ord. $ 51. .
*® Vgl. oben $ 40 Note 7, Note 27 (wo die Entschädigung für Vorschiebung
des Leinpfades als zivilrechtliche Schadensersatzpflicht ex delicto konstruiert
werden soll); hier oben Note 17 (R.G. 7. Dez. 1898).
® Vgl. oben 8 47, In. 1,UIn. 5.
*# Vgl. oben $ 41, In. 1—4.