Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

8 58. Ausgleichende Entschädigung. 551 
also „das Eigentum oder ein sonstiges Recht“, gleichviel, ob zivil- 
rechtlicher oder öffentlichrechtlicher Natur“. Auch obligatorische 
Rechtsansprüche vermag der Eingriff der Verwaltung zu zerstören *® 
oder Leistungspflichten, deren Erfüllung mit Vermögensaufwand 
verbunden ist, zu begründen“. „Leben, Körper und Gesundheit“ 
fallen hier doch nur ausnahmsweise zum Opfer, wohl aber die Frei- 
heit in mancherlei Weise: Verhaftung und Gefangenhaltung, Befehl 
zur Überlassung des Besitzes, Auferlegung von Diensten und 
Arbeitsleistungen, Untersagung des Fortbetriebes gewinnbringender 
Unternebmungen®®. 
+7 Es darf behauptet werden, daß auch B.G.B. 3 823 die Verletzung sub- 
jektiver öffentlicher Rechte, sofern sie nur überhaupt einen Vermögenswert haben, 
von der Schadensersatzfolge nicht ausschließen will. — Anschütz, Ersatzanspr. 
S. 105 £,, hält daran, daß nach A. L.R, Einl. $ 75 der Eingriff in ein subjek- 
tives öffentliches Recht einen Ersatzanspruch nicht begründe, weil glück- 
licherweise die „Belehrung“ von 1831 befohlen hat, daß nur bei Eingriff in das 
Privateigentum Entschädigung stattfinde. Das ist aber doch wieder nur eine 
Überschätzung der Tragweite dieses Ausdruckes; vgl. oben Note 19 a.E. Privat- 
eigentum ist hier Recht eines Privaten. An öffentliche Rechte der Untertanen 
hat ja der Gesetzgeber damals sicher nicht gedacht; er hat aber auch nicht daran 
gedacht, sie mit diesem Ausdruck auszuschließen. Wenn man Wasserentnahme- 
rechte an einem öffentlichen Flusse oder Schiffahrtskanal ehemals für Rechte 
zivilrechtlicher Natur ansah und für ihre Beseitigung Entschädigung nach $ 75 
zusprach, sollte das aufhören, sobald man mit dem Fortschreiten der Verwaltungs- 
rechtswissenschaft gelernt hat, sie als öffentlichrechtlich zu erkennen? Anschütz 
selbst entgeht allerdings den schlimmsten Folgerungen aus seiner Behauptung 
dadurch, daß er auch die durch Verleihung begründeten Rechte an öffentlichen 
Straßen und Strömen — trotz der „publizistischen Natur des Begründungsaktes® — 
für „privatrechtlichen Charakters“ erklärt (a. a. O. S. 110). Der zweite Fehler 
macht den ersten äußerlich wieder gut. 
4 Gegenstand der Verletzung durch eine Rechtswidrigkeit im Sinne von 
B.G.B. $ 823 Abs. I werden sie nicht leicht sein. Oertmann, Kom. zu $ 823 
Anm. 3d: „Die Verletzung eines obligatorischen Rechts als solche ist niemals 
deliktischer Natur“. Die Enteignung aber wirkt zerstörend auch auf vorhandene 
Pacht- und Mietverträge. Preuß. Ent.Ges. v. 1874 $ 11 läßt dafür eine besondere 
Entschädigung für den Gläubiger festsetzen. O.Tr. 3. Mai 1872 (Str. XLVIU 
S. 852) hatte für das ältere Recht diesen Anspruch auf den allgemeinen Grund- 
satz von A.L.R. Ein). $ 75 gegründet. — Das oben Note 21 angeführte Urteil 
R.G. 28. Juni 1898 (Entsch. XLI S. 191) gewährt Entschädigung wegen „zwangs- 
weiser Aufopferung des Einzelrechts im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt“, 
weil die Behörde die Erfüllung eines Vertrags über Anhalten von Eisenbahnzügen 
bei der Station der klägerischen Gemeinde verboten hat; das wird als ein Eingriff 
in ein „obligatorisches Privatrecht“ bezeichnet. Der Anspruch wie sein Be- 
gründungsakt werden wohl als öffentlichrechtlich anzusehen sein, 
“ Als öffentliche Lasten mit Entschädigungsfolge; vgl. oben $ 47 n. 5. 
80 Vgl. unten $ 54, II; III n. 1; oben $ 34, II’n. 3 (R.G. 1. Febr. 1893; 
Entsch. XXXT S. 215).
	        
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