554 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Umgekehrt kann der Staat sich gemeindlicher Behörden und
Ämter bedienen, damit diese die nötigen Maßregeln treffen, deren
seine Anstalten und Unternehmungen bedürfen. Sie können das
im Namen und Auftrag des Staates selbst tun; dann hat es nichts
Besonderes, daß dieser auch die etwa erforderliche Entschädigung
trägt. Sie können es auch tun im Namen der zu solcher Be-
sorgung verpflichteten Gemeinde; dann wird der Entschädigungs-
anspruch gleichwohl gegen das höhere Gemeinwesen gehen, das sach-
lich die Einzelnen auf diesem Wege für sich in Anspruch nimmt °".
Interesse zweier Gemeinden einen Weg als öffentlichen in Anspruch genommen;
die Gemeinden haben nach A.L.R. Einl. $ 75 den Eigentümer zu entschädigen.
0.Tr 1. Juli 1869 (Str. LXXV S. 217): Polizeipräsidium zu Berlin bat die Be-
bauung eines Grundstücks verboten; die Stadt, für deren Straßenwesen es geschah,
ist entschädigungspflichtig: „es ist auf das aus der Sache selbst hervor-
gehende natürliche Verhältnis zurückzugehen, daß derjenige zu ent-
schädigen hat, dem infolge der polizeilichen Anordnung ein Schade abgewendet
oder ein Vorteil zugewendet wird“. R.G. 24. Jan. 1908 (Entsch. LXIX 8. 152):
Amtsvorsteher erzwingt Beseitigung eines Zaunes zur Verbreiterung der Dorf-
straße; Gemeinde entschädigungspflichtig nach A. L.R. Einl. $ 75. Aber O.Tr.
28. Okt. 1869 (Str. LXXVIl S. 1): Berliner Polizeipräsidium verbietet Bau am
Königsplatz, damit das Alsen-Denkmal ordentlich hervortrete; das ist ein natio-
nales Interesse, deshalb entschädigt nicht die Stadt, sondern der Fiskus. In dem
gleichen Sinne wird in gewissen Rechtsgebieten die Entschädigung für die behörd-
liche Unterdrückung gewerblicher Anlagen nach Gew.Ord. $ 51 unmittelbar von
der dadurch zu schützenden Gemeinde oder öffentlichen Eisenbahnunternehmung
getragen: R.G. 30. Okt. 1912 (Entsch. LXXX S. 305). Ausdrücklich Sächs. Wasser-
ges. v. 12. März 1909 $ 38 Abs. 2: Entschädigungspflicht der Gemeinde bei Auf-
hebung einer Wasserbenutzung wegen überwiegender Nachteile für das Gemein-
wohl. Ebenso ist die Entschädigung, welche nach A. L.R. Einl. $ 75 einem Berg-
werksbesitzer dafür gebührt, daß ihm zum Schutze eines gemeindlichen Wasser-
werkes die Ausübung seines Rechts obrigkeitlich beschränkt wird, von den
geschützten Eigentümerinnen des Wasserwerkes zu tragen: R.G. 12. März 1909
(Entsch. LXX S. 337; die Frage ist dort allerdings noch dahingestellt worden).
Nicht hierher gehört der Fall in R.G. 18. Jan. 1905 (Eger, Eisenb.Entsch.
XXIN S. 233), obwohl dort unser Grundsatz sehr deutlich ausgesprochen wird:
Ein Grundstück wird durch die Einwirkungen einer Kleinbahn benachteiligt; Ent-
schädigungsklage nach A.L.R. Einl. $ 75. Das Urteil sagt (wie in den bisher au-
geführten Fällen), der Schaden sei zwar auf die Anordnung der staatlichen Behörde
zurückzuführen, welche die Eisenbahnkonzession erteilt hat, allein nach bekannten
Grundsätzen habe diejenige Person den Schaden zu ersetzen, der „infolge dieser
Anordnung ein Vorteil zugewendet worden ist“; das sei in diesem Falle der Eisen-
bahnunternehmer. Allein der Umweg ist unnötig: der Schaden ist nicht durch
die Konzession entstanden, sondern durch das konzessionierte öffentliche Unter-
nehmen; der Unternehmer ist unmittelbar Verursacher und als solcher ent-
schädigungspflichtig.
67 Jedenfalls haftet nicht das vermittelnde. So geht der Anspruch auf Ent-