Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 54. Entschädigungsfälle unregelmäßiger Art. 563 
Hier handelt es sich aber nicht um „überwiegende Nachteile und 
Gefahren für das Gemeinwohl“. Eine gewisse Gefährlichkeit ist bei 
diesen Einrichtungen ja immer gegeben. Aber die einzelne Schläch- 
terei kann den polizeilichen Anforderungen zurzeit vollkommen 
entsprechen. Der Schlachthauszwang bedeutet nur eine erhöhte 
Sicherheit der polizeilichen Zwecke und eine erleichterte Über- 
wachung. Deshalb geht diese einschneidende Maßregel über das 
der Polizeigewalt gesetzte natürliche Maß hinaus; der Eingriff ist 
ein unverhältnismäßiger und deshalb von zweifelhafter Zulässig- 
keit. Das Gesetz kann ja auch hierzu ermächtigen; aber sofort 
wird dabei die Billigkeitsforderung wieder frei. Das Reichsrecht 
hat es der Landesgesetzgebung überlassen, inwieweit sie für ihre 
Befriedigung sorgen will'®. 
3. Eine Entschädigung ganz besonderer Art findet statt bei der 
polizeilichen Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, 
Vieh-, Pflanzen- und Menschenseuchen. Hier wird in der ein- 
schneidendsten Weise vorgegangen namentlich gegen die Sachen, 
welche geeignet sind, die Seuche weiterzuverbreiten. Nach all- 
gemeinen Grundsätzen würde für die polizeiliche Vernichtung 
solches nachweisbar das Gemeinwohl gefährdenden Eigentums 
nicht zu entschädigen sein. Allein es kommt in Betracht, daß all 
diese umfassend gedachten Maßregeln ihres Erfolges nur dann 
sicher sind, wenn es gelingt, die Mitwirkung der Beteiligten selbst, 
der Eigentümer also, zu gewinnen. Zu dem Ende werden ihnen 
Vorschriften gegeben über ihr Verhalten, namentlich wegen zu er- 
stattender Anzeigen. Auf die Nichterfüllung sind Strafen an- 
gedroht. Dazu fügt aber das Gesetz als weiteren Antrieb noch 
die Zusage reichlicher Entschädigung, die hier den Sinn annimmt 
einer Belohnung für ordnungsmäßiges Verhalten. Daher wird 
die Entschädigung hier bemessen nicht nach dem wirklichen Wert 
der von der Seuche erfaßten oder berührten Stücke — die das 
Gegenteil eines Vermögenswertes, eine gefährliche kostspielige Last 
darstellen können —, sondern einfach nach dem gemeinen Wert 
solcher Sachen. 
Daher auch geht der Anspruch verloren, wenn der Betroffene 
14 Vgl. oben Bd. I S. 231. \ 
15 Preuß. Ges. v. 18. März 1868 $ 7 (Ersatz für den „erweislichen wirklichen 
Schaden“). Der Schlachthauszwang, indem er über das naturgegebene polizeiliche 
Machtgebiet hinausgeht, berührt sich mit Monopolen und Regalien (oben Ba. 1 
S. 866 und hier $ 51 Note 51): er dient wesentlich zur Förderung des öffentlichen 
Unternehmens Schlachthaus. gg
	        
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