Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

572 l Die rechtsfähigen Verwaltungen. 
I. Worin das Wesen der juristischen Person bestehe, darüber 
ist unter den Schriftstellern des bürgerlichen Rechts sehr viel ge- 
stritten worden. Wir müssen in Kürze darlegen, von welcher Auf- 
fassung wir bei unseren weiteren Erörterungen ausgehen werden’. 
1. Das Recht ist die Ordnung von Machtverbältnissen. Es 
setzt also unterschiedene Einheiten voraus, zwischen welchen solche 
zu ordnende Verhältnisse entstehen können. Die Einheit, mit 
welcher das Recht rechnet, ist die Person. Persönlichkeit ist 
die Fähigkeit, in rechtlich geordneten Verhältnissen zu anderen Per- 
sonen zu stehen. Sie ist gleichbedeutend mit Rechtsfähigkeit, in- 
sofern darin die Kehrseite, die Pflichtfähigkeit, stillschweigend mit 
begriffen wird; sie bedeutet allgemein Empfänglichkeit für die 
Wirkungen der Rechtsordnung. 
Die Rechtsordnung ist um der Menschen willen da. Die von 
selbst gegebene Einheit, mit der sie rechnet, ist darum der Mensch. 
Der Mensch ist dienatürliche Person. Nicht als ober von Natur 
Person wäre. Persönlichkeit entsteht immer erst mit der Rechts- 
ordnung. Aber es ist naturgemäß, daß sie bei dem Menschen 
entsteht; es ist gegen die Natur, sie ihm zu versagen, und nicht 
von der Natur gefordert, daß sie sonst noch entstehe. Diese 
natürliche Person trägt zugleich etwas in sich, an dessen Er- 
scheinungen die Rechtsordnung ihr Kunstgewebe zum großen Teile 
geknüpft hat, indem sie ihnen die Wirkung bestimmt und ihnen 
Richtung zu geben sucht; das ist der Wille. Damit die Person 
ihre Stellung in der Rechtsordnung, wie diese nun einmal gestaltet 
ist, behaupte, muß sie rechtsordnungsmäßig wollen 
können; nötigenfalls wird ihr für eine Vertretung im Wollen 
gesorgt, der erforderliche Sachwalterwille ihr so gestellt. Es 
handelt sich dabei um eine unentbehrliche Ausrüstung, nicht 
um die Grundlage der Persönlichkeit: nicht weil er willens- 
mit begreifen. Sie schließen ihn aus, sofern sie eben auf eine juristische Person 
hinweisen, was der Staat unserer Auffassung nach nicht ist; vgl. unten In]. 
Aber auch wenn man ihn für eine solche ansehen will, ist er als der Träger aller 
Art Verwaltung zu diesen einzelnen Verwaltungen oder gesonderten Verwaltungs- 
körpern genügend in Gegensatz gestellt. 
* In der Hauptsache habe ich mich, wie in 1. Aufl, angeschlossen an 
G. Rümelin, Methodisches über die juristischen Personen. Seitdem ist es mir 
aber, im Zusammenhang mit der Bewegung, die sich ja in unserer Wissenschaft 
hier geltend gemacht hat, notwendig erschienen, das innere Verhältnis stärker 
zu betonen. Darüber die Abhandlung: Die juristische Person und ihre Ver- 
wendbarkeit im öffentlichen Recht, in Festgabe für Laband, I S. 1ff.
	        
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