Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

574 Die rechtsfähigen Verwaltungen. 
von den natürlichen, also unter die juristischen Personen. Allein 
in Wahrheit ist es überhaupt keine eigene Person, was hier unter 
diesem Namen erscheint, sondern die Träger des Unternehmens 
bleiben nach wie vor die einzelnen Menschen, welche sich dafür 
des gemeinsamen Namens bedienen; sie verfügen frei darüber und 
sie haften dafür®. 
% Die Hauptbeispiele bieten hier offene Handelsgesellschaft und Kommandit- 
gesellschaft, dazu die kaufmännische Firma. Überall ist hier die Behauptung 
einer juristischen Person aufgetreten: Behrend, Lehrb. d. H.R. I S. 251 u. 443. 
0.V.G. 26. Jan. 1909 (Entsch. LIV S. 5) unterscheidet „physische“ und „nicht 
physische“ Personen; zu letzteren sollen „auch solche selbständige Rechtsträger" 
gehören, die nicht unter den Begriff der juristischen Person fallen; als Beispiel 
wird die Kommanditgesellschaft auf Aktien genannt. — In der wissenschaftlichen 
Darstellung unserer Lehre werden solche unvollkommene, unechte juristische 
Personen sehr deutlich den echten gegenübergestellt durch die Betonung des 
bloß Äußerlichen, das sie vorstellen. So Unger, Österr. Priv.R. I $ 48: 
nicht eine wirkliche, materielle Rechtssubjektivität, sondern bloß „eine scheinbare 
formelle“. Stobbe, Deutsch. Priv.R. II S. 65: Verbände, die keine juristische 
Personen sind, wohl aber „wie solche gelten“. Meurer, Jurist. Pers. nach D. 
Reichsrecht S. 78 ff.: Vereinigung, die „nach außen wie eine juristische Person 
funktioniert, doch keine juristische Person ist“. Umgekehrt hatte Salkowski, 
Zur Lehre v. d. jurist. Personen S. 66 ff., auf die Unterscheidung ganz verzichtet, 
wenn er aufstellte: „Die juristische Person eines Personenvereins betrifft nur sein 
Erscheinen nach außen... Alle inneren Verhältnisse sind für die juristische 
Person gleichgültig.“ Gierke, Deutsch. Priv.R. I S. 480 ff., sieht die Grenzlinie 
wohl; nur, gemäß seiner grundsätzlichen Abneigung gegen allzu scharf umrissene 
juristische Begriffsbilder, geht ihm wieder über alles „die durch keinen juristischen 
Machtspruch wegzuschaffende innere Verwandtschaft zwischen Gebilden diesseits 
und jenseits der Grenze“. Das ist gewiß auch ein Gesichtspunkt; aber Klarheit 
schaffen doch nur juristische Reinkulturen. Auch Dernburg, Pand. I S. 140, 
ist der Unterschied nicht entgangen; aber er legt seine juristische Person gerade 
auf die falsche Seite: „Die juristischen Personen sind freilich nichts Körperliches, 
aber keineswegs etwas Unwirkliches; sie sind Vorstellungen, aber um des- 
willen nicht Fiktionen. Beides ist nicht identisch. Denn die Fiktion denkt 
etwas einem Tatbestand hinzu oder von ihm weg, was nicht ist, im Widerspruch 
mit der Realität der Dinge. Die Vorstellung der juristischen Person unterstellt 
dagegen das Wirkliche einen ihm entsprechenden Begriff“. Diese 
Vorstellung ist tatsächlich der bloße Gesamtname, unter welchem man sich die 
dahinterstehenden wirklichen Berechtigten „vorstellt“, das Gegenteil also der 
juristischen Person. Diese letztere bedeutet allerdings einen „Widerspruch mit 
der Realität der Dinge“, insofern durch ihre Entstehung die nicht mehr un- 
mittelbar berechtigt sind an dem Unternehmen und was dazu gehört, die es ohne 
sie waren. Davon soll jetzt sogleich die Rede sein (vgl. unten Note 4 u. 5). Ist 
sie einmal da, so ist sie für das zu handhabende Recht und für die Rechts- 
wissenschaft eine Wirklichkeit wie eine andere. Daß sie für den Anthropologen 
keine ist, geht uns nichts an. Fiktion ist demnach auch keine zutreffende Be- 
zeichnung.
	        
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