Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

54 Das öffentliche Sachenrecht. 
störenden Einwirkungen des Unternehmens selbst, vor welchen der 
durch die Enteignung entzogene Teil das Verbleibeude geschützt 
hatte®®, 
Störende Einwirkungen des Unternehmens, die nicht erst 
durch die dem Grundstück widerfahrene Enteignung vermittelt sind, 
können Entschädigungsansprüche begründen. Aber das ist eine 
Sache für sich, für den hier zu berechnenden und festzustellenden 
Betrag liefert es keinen Posten ®!, 
80 Pr. Ent.Ges. $8 Abs. 2; Sächs. Ent.Ges. i 22 Abs. 1b. — Layer, Prinz. 
d. Ent. S. 514, und Eger, Ent Ges. IS. 220, finden in dieser Entschädigung einen 
Verstoß gegen den Grundsatz der Berechnung „nach dem objektiven Maßstab“, 
„nach dem objektiven Wert des enteigneten Grundstücks“. So mag es aussehen, 
wenn man einerseits das Stück betrachtet, das genommen wird, und andererseits 
das Verbleibende, das „objektiv“ gar nicht berührt wird. Aber warum dann „Teil- 
enteignung*? Als getroffen von der Enteignung ist hier vielmehr das Ganze ge- 
dacht, das in dem objektiven Werte, den es vorstellt, auf zweierlei Weise benach- 
teiligt wird. — Der verlorene Schutz gegen störende Einwirkungen wird nament- 
lich von Wichtigkeit bei Enteignung für Eisenbahnanlagen. Hier bedeutet die 
Teilenteignung für das Restgrundstück zugleich eine näher gebrachte Einwirkung 
von Rauch, Lärm und Erschütterung, Absperrung von Licht und Luft, dazu noch 
gesetzliche Baubeschränkungen zugunsten des künftigen Unternehmens. Das Reichs- 
gericht wollte ursprünglich diese Nachteile nicht in die Enteignungsentschädigung 
einrechnen lassen: nur „Nachteile, welche mit der Entziehung in ursächlichem 
Zusammenhange stehen“, kommen in Betracht, nicht solche aus der „späteren 
Benutzung“ durch den Erwerber; diese könnten vielmehr je nachdem einen selb- 
ständigen Entschädigungsanspruch begründen (R.G. 26. Mai 1880; Entsch. I 
S. 237). Allein die Enteignung wird ja begriffsmäßig gerade für diese spätere 
Benutzung gemacht (vgl. oben $ 33 Eing.); durch sie wird das Restgrundstück den 
nahen Einwirkungen dieser Benutzung fortan wehrlos ausgesetzt sein; davon 
kann also nicht einstweilen abgesehen werden. Das Reichsgericht hat denn auclı 
seine Rechtsprechung seither geändert: R.G. 17. Juni 1884 (Entsch. XIII S. 244); 
6. Okt. 1899 (Entsch. XLIV S. 331). 
*1 Die Entschädigung bedarf dann auch ihrer selbständigen Rechtsgrundlage, 
sei es in einem allgemeinen Billigkeitsrechtssatze, sei es in einer besonderen 
Gesetzesbestimmung (vgl. unten $ 53). Möglich ist, daß eine solche fehlt. Dann 
kann sich der scheinbare Widerspruch ergeben, daß der Eigentümer, der eine Teil- 
enteignung erlitt, für die Störungen des Eisenbahnbetriebes Entschädigung erhält, 
sein Nachbar aber, der nicht auch enteignet wurde, für die gleichen Störungen 
nichts erhält: Eger, Ent.Ges. I S. 239. R.G. 17. Juni 1884 (Entsch. XIII S. 254) 
will das erklären durch den dunklen Hinweis auf „obligatorische Beziehungen“, 
die im einen Falle da seien, im anderen nicht. Aber es handelt sich einfach um 
die obligatorische Beziehung der Entschädigungspflicht für die Teilenteignung, 
eine andere ist hier nicht vorhanden. — Der nämliche Unterschied kann auch bei 
einem und demselben Eigentümer zum Vorschein kommen: wenn ihm nicht ein 
Stück von einem zusammengehörigen Besitz enteignet ist (Teilenteignung), sondern 
ein selbständiges zweites Grundstück, auf dem nun der Eisenbahnbetrieb seinem 
ersten Grundstück störend nahe rückt, so umfaßt die Enteignungsentschädigung
	        
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