$ 56. Die rechtsfähige öffentliche Anstalt. 608
Die Genehmigung ist stets den staatlichen Behörden vor-
behalten. Ist für die in Frage kommende Anstalt die Orts-
gemeinde oder ein anderer Selbstverwaltungskörper als Mutter-
gemeinwesen anzusehen, so wird die Genehmigung nicht anders
als auf Grund eines von dort ausgehenden Antrages erfolgen
können. Nur wo das Gesetz einen staatlichen Zwang zur Gründung
zuläßt, geschieht es auch ohne das. Die Genehmigung wird, wie
jeder Verwaltungsakt, wirksam mit der Kundgabe. Diese richtet
sich an das Muttergemeinwesen; ist das der Staat selbst, so ergeht
sie an das mit der Durchführung der Sache betraute Amt, das
dabei in vorläufiger Vertretung der zu schaffenden juristischen
Person .erscheint. Eine öffentliche Bekanntmachung, die außer-
dem noch stattfinden mag, ist Zweckmäßigkeitssache.
2. Juristische Personen sind von Natur langlebig. So ent-
stammen viele der jetzt vorhandenen rechtsfähigen öffentlichen An-
stalten älteren Rechtszuständen, unter denen sie in den damals
gegebenen Formen zur Entstehung und Ausbildung gelangt sind.
Sie haben sich dann, nicht ohne Schwierigkeiten und Rückständig-
keiten, der neuen Zeit und ihren Rechtsanschauungen angepaßt.
Von besonderer Bedeutung ist der Fall ebemals kirchlicher
Anstalten, die dem großen Zug der Verweltlichung gefolgt und
rechtsfähige Anstalten der hier zu betrachtenden Art geworden
sind durch Übernahme von seiten des dazu berufenen welt-
lichen Gemeinwesens, Staat oder Gemeinde. Diese sind aber
ursprünglich entstanden in den dem Kirchenrechte eigen-
tümlichen Formen und behalten diese Grundlage bei, soweit nicht
infolge der Übernahme, schneller oder langsamer, bewußt oder
unbewußt, eine Umbildung sich vollziehen mußte. In dieser Weise
sind namentlich Wohltätigkeitsanstalten aller Art nach und nach
zugunsten der Ortsgemeinden verweltlicht worden samt der dazu
Die Anhänger der „realen“ juristischen Persönlichkeit haben gegenüber der
Frage der Entstehung der rechtsfähigen Anstalt ihren besonderen Standpunkt.
Danach ist die Anstalt als „Organismus“, als „beseeltes“, lebendiges, willens-
begabtes Wesen schon da und bestimmt zur Rechtsfähigkeit ohne den Staat und
seine Gesetzgebung. Diese haben die Rechtsfähigkeit nur anzuerkennen, damit
alles in Ordnung sei; das ist aber geradezu ihre Schuldigkeit. In diesem Sinne
Regelsberger, Pand. I S. 349: „Die Rechtsordnung würde mit ihrer Auf-
gabe in Widerspruch treten, wenn sie Lebewesen, gegen deren Unschädlichkeit.
ja Nützlichkeit kein Zweifel obwaltet, durch Vorenthaltung der Rechtsfähig-
keit das Dasein verkümmerte“. Daraus ergibt sich mit Leichtigkeit die Vermutung.
daß sie es überall habe tun wollen, und die Neigung, alles in diesem Sinne
zurechtzurücken. Vgl. auch Gierke, Gen.Theorie S. 133.