Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

S 34. Wirkungen der Enteignung. 55 
Umgekehrt können auch Wertsteigerungen, die der ver- 
bleibende Teil des Grundstücks dem enteignenden Unternehmen 
selbst verdankt, auf die Entschädigungssumme nicht in Gegen- 
rechnung und Abzug gebracht werden ®®, 
Maßgebend für die Berechnung ist der Wert in dem Zeit- 
punkte, wo die Enteignung vollendet, ihr Nachteil durch Ent- 
ziehung des Eigentums eingetreten ist. Wo Vorausleistung der 
diesen Nachteil nicht. Vgl. unten Note 34. — Ebenso würde jenem Eigentümer 
vorgehalten werden können, daß die Bahnlinie von einer anderen Seite her seinem 
jetzt verbliebenen Grundstück ebenso nahe hätte rücken können, ohne Teilenteignung 
zu machen, und er dann nichts erhielte (vgl. R.G. 17. Juni 1884, Entsch. XII 
S. 246; 6. Okt. 1899, Entsch. XLIV S. 334). Auch dieses ist unberechtigt: es kommt 
lediglich auf den Tatbestand an, wie er vorliegt; was sonst noch hätte geschehen 
können, ist gleichgültig. -- Umgekehrt kann die Berücksichtigung der Nachteile 
durch das nähergerückte Unternehmen auch bei der Teilenteignung wegfallen, wenn 
das besondere Gesetz dafür überall eine gleichmäßige Entschädigung ordnet. So 
bei der Entschädigung für Rayonservituten nach R.Ges. v. 21. Dez. 1871: Ein 
Grundbesitz ist zum Teil enteignet worden für die Festungsanlage, der Rest unter- 
liegt den Rayonbeschränkungen und wird dafür entschädigt wie die Nachbar- 
grundstücke, von denen nichts enteignet wurde. Bei der Enteignungsentschädigung 
bleibt hier diese nachteilige Folge ganz außer Ansatz. 
* Ein vielumstrittener Punkt: Schelcher, Rechtswirkungen S. 415 ff.; 
Oertmann, Vorteilsausgleichung 8. 458 f#f.; Eger, Ent.Ges. I S. 264 ff. Letzterer 
(a. 8.0. S.28a) hat für das „Kompensationsprinzip“ geltend gemacht, es sei nur 
folgerichtig, „daß da, wo der zum Schadensersatz verpflichtende Umstand selbst 
nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile für den Beschädigten zur Folge hat“, 
eine solche Ausgleichung stattfinde, und sich dafür auf Planck, B.G.B. $ 252 
Anm. 3, berufen. Allein dieser hebt dort sehr kräftig hervor, daß es im einzelnen 
Falle zweifelhaft sein kann, „ob es sich wirklich um einen und denselben Um- 
stand handelt, welcher die Nachteile und die Vorteile verursacht hat.“ Hier ist 
es die Enteignung selbst, welche den Nachteil verursacht; der Nachteil besteht 
in der von ihr unmittelbar erzeugten rechtlichen Wehrlosigkeit des Restgrund- 
Stückes gegen die schädlichen Einflüsse des Unternehmens, deren Wirksamwerden 
nun ganz in der Hand des Gegners liegt (R.G. 5. Nov. 1881; Pr. Verw.Bl. XIX 
8.495). Den Vorteil dagegen verursacht die Enteignung nicht selbst, sondern die 
Ausführung des Unternehmens, die ihrerseits zunächst auch noch ganz in der 
Hand des Gegners bleibt, also durch die Enteignung selbst dem Teilenteigneten 
noch keineswegs als Vorteil gewährt wird, nicht tatsächlich, das ist klar, aber 
auch nicht rechtlich in einer der Zufügung jenes Nachteils entsprechenden Weise. 
Wird aber der Vorteil nicht durch die Enteignung, sondern durch die selb- 
ständig gebliebene Ausführung verursacht, so ist es folgerichtig, daß ein auf- 
zuerlegender Billigkeitsausgleich ganz in der gleichen Weise geordnet wird für 
den Teilenteigneten wie für den von der Enteignung überhaupt nicht Berührten. 
Es kommt für beide darauf an, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Heran- 
ziehung mit einer Vorzugslast gegeben sind. Vgl. unten $ 48, I. Das vollzieht 
sich aber bejahenden Falles ganz selbständig neben dem Entschädigungsverfahren 
der Enteignung.
	        
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