56 Das öffentliche Sachenrecht.
Entschädigung gefordert und deshalb auch eine der Enteignung
vorgängige Feststellung notwendig ist (vgl. unten n. 2), wird schon
diese Feststellung den maßgebenden Zeitpunkt liefern müssen. So-
fern alsdann beiden Teilen der Weg offensteht, die sofortige Wirk-
samkeit der Enteignung herbeizuführen, ist auch diese Vorverlegung
des Maßstabes keine Unbilligkeit ihnen gegenüber ®®.
Bei der Teilenteignung wird dem Enteigneten vorbehalten,
nachträglich hervortretende Schädigungen des Restgrundstücks
innerhalb einer angemessenen Frist noch geltend zu machen ®%,
Im übrigen ist jeder durch die einmal zugebilligte Entschädigung
abgefunden.
2. Die Festsetzung der Entschädigung, d.h. die obrig-
keitliche Entscheidung über die von dem Unternehmer dem Ent-
eigneten zum Ausgleich des ihm zugefügten Nachteils zu zahlende
Summe bedeutet keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit®®. Die Heran-
ziehung der ordentlichen Gerichte kann gleichwohl hier sehr zweck-
mäßig erscheinen und ist in großem Umfange geschehen, zumeist
in der Weise, daß die Enteignungsbehörde die Entschädigung fest-
s® Für das Preußische Recht wird hierfür der die Entschädigung feststellende
Beschluß der Regierung (Ent.Ges. $ 29) maßgebend sein; denn damit ist es in die
Hand des Unternehmers gelegt, sich durch Zahlung und Erwirkung des Ent-
eignungsausspruches zum Eigentümer zu machen: R.G. 17. März 1891 (Entsch.
AXVL S. 264 fi); 13. Okt. 1908 (Entsch. LXIX S. 347). Wenn dort versucht wird,
die Wahl dieses Punktes noch durch die Annahme einer damit eingetretenen
obligatorischen Gebundenheit und Perfektion der Enteignung zu rechtfertigen, so
ist das unnötige Mühe und überdies auch nicht stichhaltig; vgl. oben Note 18,
Layer, Prinz. d. Ent. S. 534 ff. — Von der vollendeten Enteignung ab wird auch
im Zweifel die gesetzlich vorgeschriebene Verzinsung der Entschädigungssumme
zu laufen haben. Von selbst versteht eine solche Verzinsung sich nicht. Durch
entsprechende Vordatierung dieses Zinsenlaufes können die Nachteile einer vor-
läufigen Besitzeinweisung (unten n. 3) ihren Ausgleich finden: R.G. 13. Okt. 1908
(Entsch. LXIX S. 349).
*% Pr. Ent.Ges. $ 31; Eger, Ent.Ges. II S. 324. Es handelt sich hier
um Schäden „aus der Verwendung“ (besser Verwendbarkeit) des enteigneten Grund-
stückes, die naturgemäß nicht immer sofort erkennbar sind, sondern erst nach-
träglich klar werden, wenn sie auch durch die Enteignung selbst schon zugefügt
sind; vgl. oben Note 30. — Sächs. Ent.Ges. $ 30 Abs. 2 scheint eine solche Nach-
forderung auch bei der Vollenteignung zuzulassen. Man hatte auch hier „nament-
lich“ Schäden aus „der Art der Ausführung und dem späteren Betriebe“ im Auge:
Schelcher, Sächs. Ent.Ges. S. 382 u. 334. Das wäre also der oben Note 81 a. E.
vorgesehene Fell: der Mann hat zwei selbständige Grundstücke; das eine wird
ihm ganz enteignet, das andere durch den dort einzurichtenden Eisenbahnbetrieb
gestört. Aber dafür gibt es doch überhaupt keine enteignungsmäßige Ent-
schädigung!
® Vgl. Bd. IS. 178 ff.; hier oben Note 27.