Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 97. Die öffentliche Genossenschaft. 627 
raum für diese Ausstattung der Genossenschaft, indem es die Zu- 
sammenfassung mehrerer für zulässig erklärter Zwecke gestattet 
oder die Hinzufügung gewisser Nebenzwecke, wofür dann wieder 
in derselben Weise die Mitgliederschaft maßgebend wird!®. Zum 
Teil sind auch die Aufgaben so allgemein und weit gefaßt, daß ein 
bestimmtes einzelnes Unternehmen noch gar nicht damit gegehen 
ist und eine lebensfähige Wirklichkeit erst daraus wird, wenn von 
der Mitgliederschaft aus in der bezeichneten Richtung vorgegangen 
wird, so wie sie es verstanden haben will !®. 
Auf solche Art ergibt sich schon hier ein tiefgreifender Unter- 
schied zwischen der öffentlichen Genossenschaft und der rechts- 
fähigen Öffentlichen Anstalt. 
2. Das tritt aber noch deutlicher hervor bei der Art, wie die 
öffentliche Genossenschaft behufs der Besorgung ihrer Geschäfte 
ausgerüstet wird mit dem unentbehrlichen Sachwalterwillen. Hier 
schlägt die Vereinsgrundlage wieder durch, in ähnlicher Weise wie 
beim rechtsfähigen Verein des bürgerlichen Rechts: die Mitglieder 
erscheinen nach der Natur der Sache dazu berufen, der Genossen- 
Schaft die ordentliche Vertretung zu stellen, sei es unmittelbar 
durch Beschlüsse ihrer Gesamtbeit, sei es durch Wahl der eigent- 
lichen Vertreter2°. Die Gesetze halten sich auch an diese Grund- 
züge. Wenn sie hier, abweichend von dem rechtsfähigen Verein 
des Zivilrechts, auch eine Mitwirkung staatlicher Behörden und 
einen von dort aus zu übenden Einfluß auf die Gestaltung der 
unmittelbaren Vertreterschaft vorsehen, so bedeutet das keineswegs 
8 Bad. Wasserges. v. 12. April 1913 $ 58 Abs. 2; Gew.Ord. $81b; R.Vers.- 
Ord. $$ 548 u. 675 (Ausdehnung der Versicherungspflicht). 
19 Gew.Ord. $ 8la: „Aufgabe der Innungen ist: 1. die Pflege des Gemein- 
geistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre unter den 
Innungsmitgliedern; 2. die Förderung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen 
Meistern und Gesellen, sowie die Fürsorge für das Herbergswesen und den 
Arbeitsnachweis“. In dem Falle 0.V.G. 13. April 1891 (Reger XI S. 367) hat 
die Aufsichtsbehörde zu der Ziff. 1 anerkannt, „daß, was unter unehrenhaften 
Handlungen zu verstehen, zunächst die Berufsgenossen (die Innungsmitglieder) zu 
beurteilen hätten“. — Preuß. Handelskammerges. v. 24. Febr. 1870 $ 1: „Die 
H.K. haben die Bestimmung, die Gesamtinteressen der Handels- und Gewerbe- 
treibenden ihres Bezirks wahrzunehmen“. - Dazu nach Ges. v. 19. Aug. 1897 5 38 
die umfassende Aufgabe für die dazu dienlichen „Anstalten, Anlagen und Ein- 
richtungen“. 
®° Windscheid-Kipp, Pand. I $59 Note 3a: „So ist es das Natürliche, 
daß aus ihnen (den Korporationsmitgliedern) der Wille der Korporation hervor- 
gehe, und dieses Natürliche muß als vom Recht gewollt angesehen werden, soweit 
keine abweichende Bestimmung getroffen ist“. 40*
	        
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