Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

644 Die rechtsfähigen Verwaltungen. 
gleichmäßig erfüllt, bietet einige Verwandtschaft mit diesem Bild. 
Nur sind dort die inneren Verschiebungen unter dem einzig maß- 
gebenden Gebot der technischen Zweckmäßigkeit eine verhältnis- 
mäßig leichte Sache!*. Bei der Gemeinde hat aber auch das Ge- 
fühl ein Wort mit zu reden; die Anhänglichkeit der Menschen an 
das überkommene Gebilde und das damit verknüpfte Sonderdasein 
ist so kräftig und so achtenswert zugleich, daß die Gesetzgebung 
zu einseitigen Eingriffen, die diesen vom Rechte der Mitglieder 
getragenen Bestand zerstörten, auch größerer Zweckmäßigkeit 
gegenüber, den Aufsichtsbehörden die erforderliche Ermächtigung 
ordentlicherweise nicht zur Verfügung stellt. 
Bei den juristischen Personen der Reichsversicherung haben 
wir wenigstens ihre erste Entstehung und die Formen. in denen 
sie sich vollzog, im Lichte der neuen Zeit beobachten und mit 
äbnlichen Erscheinungen vergleichen können. Unsere Gemeinden 
dagegen führen zu allermeist ihren Ursprung auf eine ferne Ver- 
gangenheit zurück und. auf Rechtsformen, in welchen sie heute 
nicht mehr entstehen könnten. 
Da zur Gemeinde vor allem ein Gemeindegebiet erforderlich, 
das ganze Staatsgebiet aber grundsätzlich unter Gemeinden (oder 
gleichwertigen Ordnungen) verteilt ist, so wird eine völlige 
Neugründung jetzt nur möglich sein auf bisher ausgenommenem 
(„ausmärkischem“) Gebiet. Staatliche Genehmigung liefert den 
schöpferischen Akt!5, | 
Ebenso ist der reine Untergang einer Gemeinde nur mög- 
lich durch Verwandlung ihres Gebietes in ein ausmärkisches. Dazu 
kann den Anlaß geben das Verschwinden einer zur Gemeinde- 
bildung tauglichen Bewohnerschaft!®, | 
  
  
14 Vgl. oben $ 57, II n. 8, , 
’5 Als „Eingemeindung gemeindefreier Grundstücke“ wird in Preußen der 
Fell nicht angesehen, wo ein selbständiger Gutsbezirk eingemeindet wird: 
v. Bitter, Wörterb. I S. 690. Der selbständige Gutsbezirk vertritt allerdings 
eine Gemeinde, und die damit zu beseitigenden Sonderrechte machen die Beobach- 
tung eines ähnlichen Verfahrens notwendig wie bei Einverleibung einer bisher 
selbständigen Gemeinde. , 
!© Pr. Land-Gem.Ord. $ 2 Ziff. 2: „Landgemeinden, welche ihre öffentlich- 
rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen außerstande sind, können durch königliche 
Anordnung aufgelöst werden“. Über das freigewordene Gebiet wird dann wohl 
durch Einverleibung in eine Nachbargemeinde anderweit. verfügt werden. — Die 
neuere Zeit hat eine eigentümliche Art von Untergang gebracht, insofern die 
Wohnstätten vom Fiskus aufgekauft wurden behufs Bildung eines großen Truppen- 
übungsplatzes oder auch von einer Stadtgemeinde, um das Pumpwerk ihrer
	        
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