Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

656 Die rechtsfähigen Verwaltungen. 
Diese höheren Selbstverwaltungskörper erhalten regelmäßig 
ihr Gebiet durch den Amtsbezirk einer danebenstehenden staat- 
lichen Verwaltungsbehörde, der eben seinerseits die Gebiete der 
sämtlichen so zusammenzufassenden Gemeinden schon begreift. 
Aber wie es Amtsbezirke staatlicher Verwaltungsbehörden gibt, 
die nicht zugleich das Gebiet eines höheren Selbstverwaltungs- 
körpers geworden sind, so können umgekehrt höhere Selbstver- 
waltungskörper bestehen, deren aus mehreren Gemeinden sich zu- 
sammensetzendes Gebiet nicht zugleich den Amtsbezirk einer da- 
nebenstehenden staatlichen Verwaltungsbehörde bildet®?. 
Die höheren Selbstverwaltungskörper erhalten ihre Mit- 
glieder oder Angehörigen in derselben Weise wie die Gemeinden: 
alles, was in ihrem Gebiete Gemeindemitgliedschaft hat, gehört 
zugleich ihnen an. Diese Angehörigkeit ist aber eine unmittelbare: 
es sind nicht etwa die Gemeinden Mitglieder des höheren Selbst- 
verwaltungskörpers und erst durch sie ihre Angehörigen Angehörige 
des letzteren®®. Der höhere Selbstverwaltungskörper ist kein Ver- 
band von Gemeinden im Sinne einer Gesellschaft von solchen, soD- 
dern ist selbst wie eine Gemeinde rechtlich gestaltet; er hat wie 
diese sein Volk, eine erweiterte „Unterabteilung des Staatsvolks“ 
und zugleich Zusammenfassung mehrerer „Gemeindevölker“, und 
hat seine eigenen Angelegenheiten. 
Im Gegensatz zu der für die eigenen Einrichtungen des Staates 
geltenden Ordnung, wonach die behördlichen Zuständigkeiten sich 
mehren und verstärken, je näher die Behördenstufe der einheit- 
lichen Spitze gerückt ist, welche die Staatsregierung vorstellt, liegt 
Kommunalverbände auch einmal Gemeinde zu nennen, Kreisgemeinde, Provinzial- 
gemeinde (Schoen, Kom.Verb. S. 377 #. u.490#.). Das hat sogar viel für sich. 
vie wir sehen werden. — R.Vers.Ord. $ 526 gebraucht das Wort im obigen 
inne. 
.®2 Ein Beispiel des ersteren Falles bietet der preußische Regierungsbezirk, 
desgleichen der Regierungsbezirk der sächsischen Kreishauptmannschaft. Im 
Gegensatz dazu trägt der badische Kreis lediglich einen höheren Selbstverwaltungs- 
körper; die Kreisregierung, die früher als staatliche Verwaltungsbehörde dort stand, 
hat die Gesetzgebung von 1863 gestrichen. 
‚ . ®* Preuß. Kreis-Ord. v. 13. Dez. 1872 $ 6: „Angehörige des Kreises sind alle 
diejenigen, welche innerhalb des Kreises einen Wohnsitz haben“. Nach $7 sind 
diese „berechtigt zur Teilnahme an der Verwaltung und Vertretung des Kreises . 
Erst $96 sagt ausdrücklich, daß „das Recht zur persönlichen Teilnahme“ an den 
Wahlen zum Kreistag nur denen zusteht, welche „Angehörige des D eutschen 
Reiches sind“. Das sind dann „Gemeindeverbandsbürger“ von den einfachen 
„Gemeindeverbandsangehörigen“, nach der bei den Gemeinden schon durchgeführten 
Art, unterschieden. Vgl. oben Note 9.
	        
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