Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

8 58: Die Gemeinde. 657 
bei dem Aufbau der Selbstverwaltungskörper das Schwergewicht 
bei der untersten Stufe, bei der Ortsgemeinde, 
- Die Ortsgemeinde allein ist ein natürliches und selbstverständ- 
liches Gebilde mit einem natürlichen Kreis von Aufgaben, die sich 
aus der räumlichen Zusammenordnung der Wohnstätten ihrer An- 
gehörigen ergeben. Die höheren Selbstverwaltungskörper sind 
mehr oder weniger künstliche Schöpfungen des gesetzgeberischen 
Willens und leichterem Wechsel unterworfen. Ihre Angelegen- 
heiten, obwohl als ihre eigenen Angelegenheiten rechtlich gestaltet, 
haben sachlich die Natur von Ortsgemeindeangelegenheiten, die 
zweckmäßigerweise für einen mehr oder weniger umfassenden 
Kreis von Gemeinden zusammen erledigt werden. Eine Ergänzung 
der Wirksamkeit der Ortsgemeinden ist in Frage, nicht eine höhere, 
dem Staate näherstehende Art von Öffentlicher Verwaltung®*. Auch 
der übertragene Wirkungskreis gewinnt nach oben zu nicht an 
Bedeutung, sondern tritt im Gegenteil hier von selbst in den Hinter- 
grund vor der danebenstehenden staatlichen Verwaltungsbehörde, 
die solcher Aushilfe nicht bedarf. 
Dem entspricht die verfassungsmäßige Gestaltung der Ver- 
treterschaft. Soweit sie von den Angehörigen gestellt wird, 
vollziehen sich die Wahlen unter Berücksichtigung der natürlichen 
Gruppen, die durch die Zugehörigkeit zu den verschiedenen Arten 
von Gemeinden gebildet werden. Andererseits steigert sich hier 
die Anteilnahme der staatlichen Behörden an der Vertretung des 
Selbstverwaltungskörpers 8°. 
® Preuß. Kreis-Ord. $ 169: „In den Kreisen, welche nur aus einer Stadt be- 
stehen (Stadtkreise), werden die Geschäfte des Kreistages und des Kreisausschusses, 
die des letzteren, soweit sich dieselben auf die Verwaltung der Kommunal- 
angelegenheiten beziehen, von den städtischen Behörden nach den Vorschriften 
der Städte-Ord. wahrgenommen“. Die Stadt bekommt damit keine Kreisangelegen- 
heiten übertragen, sondern es fällt alles in den eigenen gemeindlichen Wirkungs- 
kreis zurück, zu dem es seiner Natur nach gehört. — Der sächsische Bezirks- 
verband hat grundsätzlich nur solche Aufgaben, die auch die einzelnen Gemeinden 
lösen könnten; er führt sie als seine eigenen durch zu ihrer Entlastung: 0. M. 
Sächs. St.R. S. 299. 
5 So ist nach Preuß. Kreis-Ord: $ 136 der Landrat zugleich Vertreter des 
Kommunalverbandes für seine laufenden Geschäfte und für alle Beziehungen nach 
außen. Ähnlich die Stellung des sächsischen Amtshauptmanns in der Kommunal- 
verwaltung des Bezirksverbandes nach Ges. v. 21. April 1873. Die Verwaltung 
der bayrischen Kreisgemeinde liegt in solchem Maße in den Händen der staat- 
lichen Behörden und des Königs selbst, daß der Name Selbstverwaltungskörper 
kaum mehr angebracht ist. Seydel, Bayr. St.R. II S. 167, spricht hier im 
gleichen Sinne von „monarchisch verfaßter Gemeinde“. 
Binding, Handbuch VI.2: Otto Mayer, Verwaltungsrecht. II. 2. Aufl. 42
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.