$ 50. Das Recht der Vertreterschaft. 665
oberhaupt und seinem Beamtentum Volk und Volksvertretung
gegenüber mit eirenem Recht an den Angelegenheiten des Gemein-
wesens. Sie bilden einen anderen Pol für Ausflüsse öffentlicher
Gewalt, wenn auch in der Monarchie nur ausnahmsweise zu selb-
ständiger Betätigung berufen !°. Bei den Gemeinden und öffent-
lichen Genossenschaften fließt diese Quelle öffentlichrechtlicher
Macht naturgemäß unvergleichlich reicher und mächtiger. Es ist
aber doch nicht zu verkennen, daß es die nämliche Quelle ist, daß
der nämliche Grundgedanke darin zur Geltung kommt: wäre unsere
Staatsgewalt so aufgebaut wie unsere Gemeindegewalt, so hätten
wir die Republik, und in dieser ist das Volk und seine Vertretung
als Träger und Ausüber Öffentlicher Gewalt etwas Selbstverständ-
liches }1,
1. Die Mitgliedschaft ist verschieden gestaltet bei der
öffentlichen Genossenschaft und bei der Gemeinde.
Bei der öffentlichen Genossenschaft ist sie, wie beim zivil-
rechtlichen Verein, nichts anderes als die Gesamtheit der einem
Mitglied zukommenden Rechte und Pflichten, wie sie verfassungs-
mäßig vorgesehen sind. Diese Rechte und Pflichten bestehen beim
nicht rechtsfähigen Verein des bürgerlichen Rechts zwischen den
Mitgliedern; er ist Gesellschaft; beim rechtsfähigen Verein und
ebenso bei der Öffentlichen Genossenschaft bestehen sie zwischen
jedem einzelnen Mitglied und der juristischen Person ®,
Die Mitgliedschaft wird begründet beim rechtsfähigen Verein
des bürgerlichen Rechts durch Vertrag, vorausgehenden Gründungs-
vertrag oder nachträglichen Aufnahmevertrag'®. Bei der Öflent-
10 Nach R.Beamtenges. $ 156 erfolgt die Anstellung der Reichstagsbeamten
mit der Wirkung, daß sie Reichsbeamte werden, durch den Reichstagspräsidenten,
„welcher die vorgesetzte Behörde derselben bildet“. Der Reichstagspräsident ist
nichts anderes als das vorsitzende Reichstagsmitglied, er hat keine Dienstpflicht
und kein Amt und ist keine Behörde; den Reichstagsbeamten gegenüber wirkt er nur
wie eine solche. — Ähnlich das Verhältnis des Sächs. Landtagsausschusses zur
Verwaltung der Staatsschulden gegenüber den Beamten der Staatsschuldenkasse:
O. M., Sächs. St.R. S. 210.
11 Der Grundsatz der Gewaltentrennung schiebt auch in der Republik Volk
und Volksvertretung für die Verwaltungsgeschäfte des Staates mehr in den Hinter-
grund. Bei den Körperschaften gilt er nicht; vgl. jedoch oben S. 655.
182 Behrend, HR. I S. 783 Note 1: „Bei der A.G. stehen die Mitglieder als
solche weder zueinander noch zu Dritten, sondern nur zur A.G. in einem Rechts-
verhältnis“.
18 Bei der Gründung der A.G. verwandelt sich das ursprüngliche Vertrags-
verhältnis der Zeichnenden untereinander mit der Entstehung der juristischen
Person von selbst in das Mitgliedsverhältnis zu dieser. Bei der Zeichnung Junger