$ 59. Das Recht der Vertreterschaft. 669
männer bezeichnen und diese dann in Ausübung der Rechte
ihrer Wähler den eigentlichen Vertreter. Vertreter in diesem
Sinn sind auch die Wahlmänner, nur aber für den ganz vorüber-
gehenden Zweck; darum nennt man sie nicht so. Umgekehrt
können die Vertretungen aus ihrer Mitte wieder engere Aus-
schüsse bestellen zur Vorbereitung und Ausführung der Ver-
tretungsgeschäfte. Auch diese üben ihre Tätigkeit in der gleichen
Rechtsstellung. Durch stufenweise verengerte Vertretungen werden
die ursprünglich Vertretungsberechtigten in der Ausübung ihres
Rechts ersetzt und damit selbst vertreten %*.
3. Die Mitglieder der Körperschaft versehen bei Ausübung
ihrer Anteilsrechte kein Amt. Denn das Amt bedeutet in erster
Linie eine rechtliche Pflicht, die öffentliche Dienstpfliicht. Ohne
die gibt es kein Amt. Die Mitglieder aber haben hier nur Rechte ®,
f* Das Gesetz kann den Mitgliedern gestatten, zur Gewinnung einer geeigneten
Vertreterschaft auch Nichtmitglieder zu ihren Vertretern zu bestellen, die dann
ausgerüstet werden mit der gleichen Rechtsstellung eines verstärkten Mitglied-
schaftsrechts. So bei der Bestellung des Genossenschaftsvorstandes: Bayr. Wasser-
ges. v. 23. März 1907 Art. 120: „Vorstandsmitglieder können auch Personen sein,
die nicht Genossen sind“.
% Vgl. oben $ 42 Note 14. Die Gesetze gebrauchen für die Körperschafts-
vertreter kraft Mitgliedrechts sehr häufig den Ausdruck Amt oder Ehrenamt;
letzteres namentlich, um die Unentgeltlichkeit zu betonen. R.Vers.Ord. 8 21: „Die
Gewählten verwalten ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt“. Preuß. Landgem.Ord.
$ 65: „Die Gemeindemitglieder sind verpflichtet, unbesoldete Ämter in der Ver-
waltung und der Vertretung der Gemeinde zu übernehmen“. Dazu gehört ins-
besondere „das Amt eines Gemeindeverordneten“ (v. Brauchitsch, Verw.Gesetze
HI 8. 232 Note 2 zu $ 65). Sächs. Rev. Städte-Ord. $ 47: „Das Amt der Stadt-
verordneten ist ein unentgeltliches Ehrenamt“. Bad. Gem.Ord. v. 18. Okt. 1910
8 48: „Das Amt eines Mitgliedes des Bürgerausschusses*. — Dagegen wird die
Bezeichnung Amt nicht unabsichtlich vermieden in Pr. Städte-Ord. $ 23: „Die
neugewählten Stadtverordneten treten ..... ihre Verrichtungen an“. Der näm-
liche Gegensatz in Städte-Ord. 8 5: „Befähigung zur Übernahme unbesoldeter
Ämter in der Gemeindeverwaltung und zur Gemeindevertretung“, sowie $ 74:
„verpflichtet, eine unbesoldete Stelle in der Gemeindeverwaltung oder Vertretung
anzunehmen“. Ebenso Bayr. Gem.Ord. Art. 110: „Die Gemeindebevollmächtigten
versehen ihre Stellen... .*
‘Wenn diese Körperschaftsvertreter ein Amt hätten, so müßten sie, im Gegen-
satz zu Schöffen und Geschworenen, auch Beamte genannt werden; denn was dort
diese Bezeichnung ausschließt, daß das Amt nicht an dem Manne hängt (vgl.
oben 8. 302), das träfe ja bei diesen ständig bestellten Vertretern nicht zu.
Also mußte man, wenn man sie nicht als Beamte gelten lassen wollte, annehmen,
daß sie kein Amt hätten. Das ist auch so ziemlich die herrschende Meinung,
Nur die Gründe dafür sind verschieden und oft recht wunderlich: Sächs. 0.A.Q.
v. 11, Febr. 1876 (Annalen d. 0.A.G. II Folge IV S. 221): weil Gemeinderat kein