670 Die rechtsfähigen Verwaltungen.
Das ändert sich auch dann nicht, wenn etwa ein Zwang besteht
zur Ausübung der Rechte, in Gestalt der Wahlpflicht. Denn
das Amt bedeutet Pflichten für die Art der Ausübung solcher
Rechte, und diese fehlen hier, Rechtspflichten wenigstens. Dem
Wähler steht frei, welchen Gebrauch er von seinem Rechte machen
will, wenn er nur überhaupt Gebrauch macht. Das gleiche gilt
von den Abgeordneten. Ihre Rechtsstellung beruht lediglich auf
einer Zusammendrängung der Rechte der Körperschaftsmitglieder;
da diese selbst keine Pflicht bedeuten, ist auch ihre Vereinigung
nicht mit Pflichten ausgestattet. Das wird auch dadurch nicht
anders, daß eine gesetzliche Annahmepflicht geordnet ist;
nach der Annahme ist der Abgeordnete frei, wie er seinen Beruf
üben will *®®.
„Organ der Staatsgewalt“; dazu auch Schwarze in Sächs. Ger.Ztg. XXI S. 8,
209 u. 290. O.Tr. 5. Mai 1869 (Oppenhoff, Rapr. X S. 288): es käme darauf
an, ob das Kollegium der Gemeindevertreter als „Behörde“ aufzufassen sei. So
auch Rosin, Arb.Vers. I S. 651; Piloty, Unf.Vers.R. II $. 434. Richtig
Möller, Preuß. Städte-Ord. $ 85: „Dagegen haben die einzelnen Stadtverordneten
nicht die Eigenschaft öffentlicher Beamten; sie sind bloße Repräsentanten der
Stadtgemeinden“. Gemeinde ist hier im Sinne von Gesamtheit der Gemeinde-
glieder gebraucht. O.V.G. 22. Okt. 1901 (Entsch. XL S. 36) zieht denn auch Folge-
rungen daraus: Ein Stadtverordneter hat erklärt, daß er „sein Amt niederlege‘,
da er 63 Jahre alt und deshalb ablehnungsberechtigt sei. Das 0.V.G. heißt die
„Stellenniederlegung“ gut: „Er befindet sich der Stadt gegenüber weder in einem
Vertrags- noch in einem öffentlichen Beamtenverhältnisse, und seine Erklärung
wirkt daher unmittelbar“ (S. 38), Wenn eine öffentliche Dienstpficht bestand,
wäre die Wirkung erst kraft einer Entlassung namens des Dienstberrn eingetreten;
vgl. oben $ 44, IIn.5 a. E.— Preuß, Städt. Amter. S. 338 ff, bekämpft mein
Unterscheidungsmerkmal der mangelnden öffentlichen Dienstpflicht durch die Be-
hauptung, der Stadtverordnete habe eine solche; denn: „Die drei Einzelmerk-
male, die Mayer als Kriterium seiner öffentlichen Dienstpflicht anführt, treffen
das Organverhältnis überhaupt“. Allein diese drei Merkmale (vgl. oben $ 42, I
n. 1-8) bedeuten doch bloß, daß eine vorhandene Dienstpflicht als öffentlich-
rechtliche, nicht als privatrechtliche, anzusehen ist; zuerst muß eine Dienstpflicht,
eine Pflicht zur Leistung einer bestimmten Art von Tätigkeit an den Staat, an die
Gemeinde vorhanden sein. Für diese bleibt aber Preuß hier den Beweis schuldig.
Denn daß jedes „Organ“, wie er behauptet, notwendig mit einer solchen Dienst-
pflicht verbunden sei, ist uns nicht von so zwingender Bedeutung: wenn das wirk-
lich durch den Begriff erfordert ist und hier nicht zutrifft, so ist eben der Stadt-
verordnete kein Organ und es wird auch gehen.
. ** Nach Pr. Städte-Ord, $ 74 ist „jeder stimmfähige Bürger verpflichteh
eine unbesoldete Stelle in der Gemeindevertretung anzunehmen“. Preuß beruft
sich demgemäß mir gegenüber auf „die öffentlichrechtliche Bürgerpflicht (des
Stadtverordneten) mit persönlicher Hingabe der Stadt eine bestimmte Art von
Tätigkeit zu leisten“, also „öffentliche Dienstpflicht!“ (a. a. O, 8, 339) Allein mit