Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

676 Die rechtsfähigen Verwaltungen. 
Die Wahl selber trägt hier allein den Rechtserfolg; durch 
die Verfassung der Gemeinde ist sie ausgestattet mit der Kraft 
dazu, wie der Verwaltungsakt der Staatsbehörde durch die Be- 
hördenordnung. Sie ist wieder ein diesem gleichwertiger öffentlich- 
rechtlicher Akt kraft Mitgliedschaftsrechts ®, 
— Wenn wir am Inhalt dieses Wahlaktes die Freiheit und 
Beweglichkeit des gewöhnlichen Rechtsgeschäftes vermissen, 80 
findet das in zweierlei Eigentümlichkeiten seine Erklärung. 
Einmal sind die Gemeindevertretungsämter ihrer Natur 
nach einer Mannigfaltigkeit nicht leicht zugänglich. Die Ehren- 
ämter zumal bedeuten ein. sehr einfaches gleichlautendes Formular 
von Rechtsbeziehungen, in welche durch die Wahl die wechselnden 
Träger hineinzustellen sind. Auch die Berufsämter bieten nicht 
viel Abwechslung: nur die vermögensrechtlichen Gegenleistungen 
sind hier verhältnismäßig beweglicher als beim Staatsamt. 
Sodann aber ist der Wahlakt selbst nicht geeignet, irgend- 
welche Besonderheiten in seiner Willenserklärung hervortreten zu 
lassen: diese gibt ja äußerlich bloß einen Namen. Dabei ist freilich 
nicht zu übersehen, daß diese Wortkargheit ihre rechtliche Bedeutung 
überhaupt erst erhält durch den Zweck der Wahl, die Besetzung 
der dafür bezeichneten Stelle. Ihr Ergebnis will den Erwählten 
ausstatten mit all den dadurch stillschweigend gemeinten Rechts- 
beziehungen. Diese Rechtsbeziehungen können auch noch genauer 
festgestellt sein, abweichend von dem Gewohnten und Selbst- 
verständlichen. Namentlich auch in bezug auf zu gewährende 
Dienstentschädigungen und Gehaltsansprüche. Darüber pflegt man 
sich in solchen Fällen mit dem in Aussicht Genommenen schriftlich 
verständigt zu haben. Das ist dann kein Vertrag, sondern im 
voraus klargestellter Inhalt eines günstigen Wahlergebnisses, In- 
halt des Willens, der, als Wille der Wählerschaft geltend, das 
Rechtsverhältnis zwischen dem Gewählten, sofern er es annimmt, 
und der Gemeinde bestimmen wird, 
sah in meinen Bedenken eine „seltsame Kraftvergeudung“, und in meinem LösungS- 
versuch eine große Banalität: denn überall, meint er, auch bei der Ernennung, 
ließe sich der Rechtsvorgang nur durch einen öffentlichen Rechtssatz erklären. 
Allein das wäre doch einfach das Schema des zivilrechtlichen Rechtsgeschäftes. 
dessen Anwendung mir natürlich ganz fern lag; vgl. oben Bd. 1 S. 100. 
, * Vgl. oben S. 664. Es kommt uns darauf an, daß die Wahl sich einfüge 
in die Formenwelt des Verwaltungsrechts. Wenn Preuß, Städt. Amtar. S. 383. 
sie erklärt zu haben glaubt, indem er sie bezeichnet als den „konstitutiven Akt 
der Organbestellung*, mag das der „organischen Anschauung“ genügen. 
“* Das ist die Bedeutung der „besonderen Dienstrerträge“, welche nach
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.