686 Die rechtsfähigen Verwaltungen.
.1. Der Zweckverband, wie er durch die neuere Gesetz-
gebung mehrfach seine Regelung gefunden hat, ist eine Vereinigung
von Gemeinden zu gemeinsamer Besorgung bestimmter Arten von
Gemeindeangelegenheiten. Er hat die Natur einer Gesellschaft.
Er hat keinen ihm unmittelbar zugehörigen Volksteil wie die Ge-
meinde; die verbundenen Gemeinden sind die Mitglieder dieser
Gesellschaft. Er hat kein eigenes Gebiet; die Gebiete der ver-
bundenen Gemeinden geben ihm seinen Verwaltungsbezirk.
Der Zweckverband ist eine gewillkürte Vereinigung. Er
beruht nicht auf einer allgemein durchzuführenden rechtssatz-
mäßigen Ordnung, sondern wird gegründet nach Bedürfnis durch
rechtsgeschäftlichen Akt. Das kann aber auf zweierlei Weise ge-
Schehen, indem die Gemeinden entweder mit ihrem Willen so ver-
bunden werden oder ohne ihn.
Die freiwillige Bildung des Zweckverbandes stellt sich dar
als eine Willenseinigung der Gemeinden, ausgesprochen durch ihre
berufenen Vertreter und wirksam durch Genehmigung der Auf-
sichtsbehörde. In der gleichen Weise erfolgt auch die Aufstellung
der Zweckverbandssatzung, die den Inhalt des Gesellschafts-
verhältnisses genauer bestimmt. Der Vorgang hat die Gestalt eines
Vertrages. Man wird sich das gern etwa denken nach dem Muster
des Vertragsabschlusses des Vormundes mit Genehmigung des Vor-
mundschaftsgerichts. Gleichwohl ist die Natur des Rechtsgeschäftes
schiedes dürfte aber wohl in der Geschäftsinhaberschaft liegen: alle Beteiligten
oder einer. Etwas, was man „Organ“ nennen kann, findet man am Ende im einen
Falle so gut wie im anderen. .
* Preuß. Zweckverb.Ges. v. 19. Juli 1911; Säche. Ges. v. 18. Juni 1910;
Württ. Gem.Ord. v. 28. Juli 1906 Art. 184. Außer Gemeinden können auch gleich-
geachtete Verwaltungen, vor allem selbständige Gutsbezirke und Bürgermeistereien
(vgl. oben $ 58, V n. 3), an solchen Verbänden als Mitglieder beteiligt sein; Preuß.
Zw.Verb.Ges. $ 1. .
® Preuß. Zw.Verb.Ges. $ 9 spricht von einer Feststellung der Satzung „IM
Wege der Vereinbarung“, die der Bestätigung des Kreisausschusses unterliegt;
$ 1 noch farbloser von der Bildung des Zweckverbandes durch Beschluß des Kreis-
ausschusses, „wenn die Beteiligten damit einverstanden sind“. Beides, die Ver-
einbarung wie das Einverständnis, haben die nämliche Rechtsnatur und Bedeutung,
die einer Art Vertrag, über den das Gesetz keine wissenschaftlich Meinung äußern
will. Das Sächs. Ges. v. 18. Juli 1910 $ 2 hat das gleiche im Auge, wenn €8 vor-
schreibt: Die Verbandssatzung sei’zu errichten „durch übereinstimmende Beschlüsse
der beteiligten Gemeinden“. Wenn man in solchen Fällen den Ausdruck „Ver-
einbarung“ gebraucht statt Vertrag, so ist damit wenigstens angedeutet, daß es
mit diesem Vertrag seine besondere Bewandtnis hat. Davon wird eben nun "
handeln sein. — Wegen des Vorbehalts einer Zwangssatzung vgl. unten Note 11.