Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

64 Das öffentliche Sachenrecht. 
keit seines Unternehmens abschneiden und vor erreichtem Ziele 
zu Ende bringen. 
Das kann geschehen durch ausdrückliche Erklärung, 
Rücktrittserklärung. Es wird etwa der Plan geändert, so daß 
das bisher ins Auge gefaßte Grundstück nicht mehr nötig ist, 
oder das ganze Unternehmen wird aufgegeben. Dann hat man 
durch eine solche Erklärung die leitende Behörde zur Einstellung 
des Verfahrens zu veranlassen, damit nicht durch Fortsetzung ihrer 
Tätigkeit unnötige Kosten erwachsen oder Rechtswirkungen herbei- 
geführt werden, über welche dem Unternehmer keine freie Ver- 
fügungsmacht mehr zusteht. Die Behörde ist gehalten, dem 
Antrage jederzeit stattzugeben. Die grundsätzliche Zeitgrenze für 
solche Rücktrittserklärung ist die Vollendung, die Perfektion der 
Enteignung: sobald durch die Kraft des Enteignungsausspruchs das 
Eigentum übergegangen ist, läßt sich dieser Erfolg durch einseitige 
Erklärung des Unternehmers nicht mehr rückgängig machen ?!. 
Das Gesetz knüpft aber die gleiche Folge auch an die tat- 
sächliche Unterlassung des Weiterbetriebs des Ver- 
fahrens. Wie lange das gedauert haben muß, um so zu wirken, 
bestimmt das Gesetz selbst; es kann auch den Staatlichen Stellen 
vorbehalten sein, eine Frist zu stecken. Der Rücktritt bekommt 
hier die Natur der Verwirkung. 
In beiden Fällen handelt es sich nicht bloß darum, daß das 
Verfahren nicht mehr weitergeht, sondern auch das bisher darin 
Geschehene fällt zusammen und kann nicht etwa durch Wieder- 
aufnahme der Betreibung noch einmal verwertet werden. Der 
Unternehmer könnte nur etwa ganz von vorn beginnen. Das ist 
rechtlich nicht ausgeschlossen, sofern eben die Voraussetzungen der 
Zulassung noch gegeben sind®?. — 
61 Selbstverständlich auch dann nicht, wenn durch vertragsmäßige Eigentums- 
übertragung oder Verpflichtung dazu, etwa durch Kauf im Sinne der oben n. 1 
erwähnten Expropriationsverträge, das Enteignungsverfahren ganz oder teilweise 
ersetzt und sein Ziel erreicht worden ist. Seydel, Ent.Ges. S. 207, meint aller- 
dings, auch wenn eine solche Vereinbarung „zu einem vollgültigen Kaufvertrage 
geführt hat“, müßten „die Bestimmungen in $ 42 über das Recht des Unternehmers, 
nachträglich von dem Unternehmen zurückzutreten, Anwendung finden“. Allein 
R.G. 9. Juni 1905 (Entsch. LXI S. 102 ff), worauf er das stützt, stimmt nicht. Es 
ist dort ausdrücklich vorausgesetzt (S. 110), daß man „einen privatrechtlichen 
Kaufvertrag nicht hat abschließen wollen“, was „an sich gewiß möglich ist“. Man 
hat nur das Enteignungsverfahren durch freiwillige Abschätzung vereinfachen 
wollen, so daß dieses in all seinen Bedingtheiten bestehen blieb. Das ist also 
etwas ganz anderes. 
64 Dieser Vorbehalt kommt vor allem in Betracht, wenn es sich um Enteignung
	        
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