Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

66 Das öffentliche Sachenrecht. 
sonderen Stückes öffentlicher Verwaltung, auf welches der Nachteil 
zurückführt ®. 
Eine andere Art der Abhilfe ist die, daß dem Enteignungs- 
gegner gestattet wird, in solchen Fällen die Betre ibung des 
Verfahrens seinerseits zu übernehmen. Das Ziel kann 
immer nur sein, ihm das zu verschaffen, was er erhalten haben 
würde, hätte der Unternehmer selbst die Enteignung durchgeführt. 
Das ist nichts anderes als die alsdann zu gewährende volle Ent- 
schädigung’*. Deshalb muß das Verfahren durch den Unternehmer 
mindestens schon so weit geführt worden sein, daß der Gegen- 
stand der Enteignung feststeht; denn diese Grundlage des Um- 
fangs der Entschädigung kann der Gegner nicht an seiner Statt 
bestimmen. 
Kommt auf diese Weise der zu Enteignende in den Besitz der 
Entschädigung, so muß dafür das Grundstück dem Unternehmer 
zur Verfügung gestellt werden, obwohl er es nicht mehr erwerben 
wollte. Die Gestalt, in welcher das geschieht, wird verschieden 
sein je nach dem Stande des Enteignungsverfahrens zur Zeit des 
58 Pr. Ent.Ges. $ 42; Süchs. Ent.Ges. $ 76. Die Festsetzung und Erzwing- 
barmachung dieser Entschädigung erfolgt nach Pr. Ges. im Rechtswege, nach 
Sächs. Ges. durch die Enteignungsbehörde mit Vorbehalt des Rechtsweges. Zivil- 
rechtlich ist der Anspruch weder hier noch dort, so wenig wie die Enteignungs- 
entschädigung selbst. 
84 Geradewegs geht auf dieses Ziel los Pr. Ges. $ 42 Abs. 2: Der Eigentümer 
hat die Wahl, ob er „Zahlung der festgestellten Entschädigung beanspruchen will“. 
Die von der Enteignungsbehörde vorgenommene Feststellung soll ordentlicher- 
weise nur die Bedingung genauer bestimmen, unter welcher der Unternehmer den 
Enteignungsausspruch erhalten wird; sie gibt keinen Rechtstitel und setzt auch 
keinen schon begründeten Anspruch des Eigentümers voraus. Wenn der Gesetz- 
geber diesem jetzt erlaubt, Zahlung zu beanspruchen, so hat er nicht „jeden 
Zweifel darüber beseitigen wollen, daß mit dem Entschädigungsfeststellungsbeschluß 
ein obligatorisches, vertragsmäßiges Verhältnis zwischen Unternehmer und Ex- 
propriaten geschaffen wird“ (Eger, Ent.Ges. II S. 483), noch auch „ausnahms- 
weise ein gewisses obligatorisches Verhältnis zwischen dem Unternehmer und dem 
Eigentümer anerkannt“ (Seydel, Ent.Ges. S. 273). Es handelt sich um nichts 
anderes als um ein Mittel, das dem Eigentümer an die Hand gegeben wird, das 
Geld zu bekommen. Das ist ein Anspruch, der noch ganz im Rahmen des 
öffentlichrechtlichen Enteignungsinstituts sich bewegt, ein Anspruch öffentlich- 
rechtlicher Art, losgelöst von allen zivilrechtlichen Grundlagen. Wenn der Eigen- 
tümer von diesem Mittel keinen Gebrauch macht, so bedeutet das keinen Verzicht 
auf ein begründet gewesenes Forderungsrecht. — Im wesentlichen hier wohl über- 
einstimmend Layer, Prinz. d. Ent. S. 443 ff. Vgl. auch Dalcke, Ent.Ges. 
. 108 note 103; G. Meyer in Ztschft. f. deutsche Gesetzgebung VIII S. 579 
Anm, 79.
	        
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