720 Die rechtsfähigen Verwaltungen,
Den Kern und Hauptanwendungsfall der Pfichtigerklärung
liefern demnach die öffentlichrechtlichen Verbindlichkeiten, welche
dem Verwaltungskörper obliegen um seiner selbst willen, unabhängig
von wohlerworbenen Rechten eines Dritten. Das sind die Verbind-
lichkeiten, die sich aus seinem Daseinszwecke ergeben, aus
seiner Aufgabe**, Sie sind wesentlich dem Staate gegenüber zu
erfüllen, dessen Aufsichtsrechte gerade darauf besonders gerichtet
sind®®. Nur stoßen sich diese Rechte zunächst an der Selbständig-
keit der juristischen Person und ihrer Vertretung, vermöge deren
sie selbst entscheidet, in welchem Maße und in welcher Weise sie
ihre Aufgabe erfüllen will. Nur soweit diese eine Bestimmt-
heit erlangt hat, ist eine greifbare von Aufsichts wegen wahr-
zunehmende Verbindlichkeit vorhanden. Diese Bestimmtheit kann
sie aber erlangen durch rechtssatzmäßige Vorschrift des Gesetzes
oder der Verordnung, durch die Satzung, die dem Verwaltungs-
körper mitgegeben worden ist®”, und endlich dadurch, daß er selbst
der Erfüllung seiner Zwecke Gestalt gibt in einem bestimmten
Unternehmen, das er dafür ins Werk setzt: er wird der Aufsichts-
behörde gegenüber gebunden, das nun auch richtig durchzuführen®®.
2. Einen Schritt weiter geht das Aufsichtsrecht in den Fällen
der vorbehaltenen Mitwirkung. Diese Form trifft überall
nur zu, wo ein besonderer Rechtstitel dafür besteht in Gesetz oder
Satzung. Selbstverständlich ist da nichts. Es handelt sich um ein
Geschäft, das in den Bereich der Angelegenheiten des Verwaltungs
körpers gehört und durch seine Vertreterschaft vorzunehmen wäre.
Mit Rücksicht auf die besondere Wichtigkeit für ihn selbst und
auf den Wert, den die staatliche Verwaltung darauf legen kenp,
gerade hier die Hand im Spiele zu haben, ist es aber der beauf-
*% Vgl. oben 855, 1n.8, I n.1; $56, In.1; 85, 1n.1,$8, In.
5 Vgl. oben $ 55 S. 587.
®° Dieser Fall ist in erster Linie gemeint, wenn die Gemeindeordnungen die
aufsichtsrechtliche Wahrnehmung der Pfichten der Gemeinde hervorheben: Preuß.
Städte-Ord. v. 1831 $ 189 („ihre Pflichten“); Sächs. Ber. Städte-Ord. $ 19 („0b
liegende und im öffentlichen Interesse nötige Leistungen“); Bayr. Gem.Ord. Art. 1»
Ziff. 3 („gesetzlich obliegende‘).
#7 0.V.G. 80. Mai 1905 (Entsch. XLVIL S. 300): Wassergenossenschaft kann
von der Aufsichtsbehörde nicht gezwungen werden, eine im „statutenmäßigen Plan
nicht vorgesehene Verbesserung der Einrichtungen anzubringen. .
»® Eine höhere Schulanstalt, eine Straßenanlage, einmal von der Gemeinde
geschaffen, kann ohne Genehmigung der Aufsichtsbehörde nicht mehr aufgehob*)
werden; Oertel, Preuß. Städte-Ord. zu $ 78 Anm. 2. Dem entspricht die pflichtig:
erklärung zu gehöriger Instandhaltung; Rosin, Öff. Gen. S. 92 fl