$ 61. Recht der Staatsaufsicht. 727
— Die Aufstellung eines Haushaltsplanos als der Grund-
lage für die Geschäftstätigkeit des nächsten Zeitabschnittes gehört zur
guten Ordnung des Verwaltungskörpers. Sache des Vorstandes würde
es sein, dafür zu sorgen. Aber wie im Staate die Volksvertretung
daran teilnimmt, so bei Gemeinden und öffentlichen Genossen-
schaften die Mitgliedervertretung oder die Mitgliederversammlung.
Diesen gegenüber versagen ja zumeist die aufsichtsrechtlichen
Zwangsmittel, mit welchen auf das Beamtentum der Körper-
schaften eingewirkt werden kann. Dafür ist bei Gemeinden und
anderen wichtigeren Verwaltungskörpern die Aufsichtsbehörde vom
Gesetze ausgestattet worden mit der Befugnis, unter Umständen
an Stelle der zunächst berufenen Vertretung selbst die Aufnahme
eines Postens in den Haushaltsplan anzuordnen, seine Ein-
schreibung zu bewirken. Es handelt sich immer nur um einen
Ausgabeposten. Wie außerordentlicherweise gemeindliche Ausgaben
bewilligt werden können für den einzelnen Gegenstand ohne Haus-
haltsplan oder außerhalb seines Rahmens in der Zwischenzeit,
so kann die Aufsichtsbehörde auch ihren stellvertretenden Beschluß
für diesen Punkt allein ergehen lassen. Der Name Einschreibung
in den Haushaltsplan paßt dann nicht mehr, sachlich will es das
gleiche besagen **.
Der stellvertretende Beschluß hat auch hier wieder die Bedeutung
eines Zwangsmittels gegen die Gemeinde. Man spricht von einer
Zwangseinschreibung“. Und zwar dient das Mittel dazu,
eine Geldzahlung der Gemeinde zu erzwingen, die sie selbständig
und die Satzung befolgt werden“. Gew.Ord. $ 96 Abs. 2 (Innung); R.Vers.Ord.
831 Abs. 3. Preuß. Wasserges. v. 7. April 1913 $ 217 Abs. 4. Die Beteiligten sind
durch Geldstrafen dazu anzuhalten. Als solche kommen aber wieder nicht die zu
beaufsichtigenden Verwaltungskörper selbst in Betracht, sondern die Menschen,
die dafür zu sorgen haben, daß deren Geschäfte nach Gesetz und Satzung geführt
werden. Nach R.Vers.Ord. $ 31 Abs. 2 sind das „die Mitglieder seiner Organe,
seine Vertrauensmänner, Beamten und Angestellten“. Inwieweit jeder in Anspruch
genommen werden kann, das bestimmt und begrenzt sich selbstverständlich nach
seiner Stellung der Genossenschaft gegenüber und nach der Verantwortlichkeit,
die ihn hiernach trifft. Insofern handelt es sich auch hier wieder um eine auf-
sichtsrechtliche Geltendmachung dessen, was dem beaufsichtigten Verwaltungs-
körper zukommt.
#@ Auch der Ausdruck „Nachtragsetat“, der hier im Verfassungsrecht von
Staat und Reich gebraucht wird (Laband, St.R. IV S.445), ist ja eigentlich falsch.
Der „Etat“ ist eine Zusammenstellung, ein einzelner Posten macht keinen Etat.
8 Abscheulich ist der üblich gewordene Ausdruck „Zwangsetatisierung“.
Der von Wißmann, Annalen 1911 S. 464, vorgeschlagene Ausdruck „Zwangs-
genehmigung“ widerspricht dem Sprachgefühl und sagt auch zu wenig.