Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

86 Das öffentliche Sachenrecht. 
publizistischen Eigentum“ 2°. Diese Verschwommenheiten fernzu- 
halten, ist gleichfalls recht und gut, wenn sie auch heute kaum 
mehr als gefährlich angesehen werden können. Unsere älteren 
Juristen aber haben doch noch einen gewissen Eindruck von jener 
Literatur bewahrt, und da sie das wahre Öffentliche Eigentum 
nicht kennen und verstehen, glauben sie sich retten zu müssen auf 
den einzigen sicheren Fels, denen ihnen ihre zivilistische Bildung 
liefert, und erklären die öffentliche Sache ausdrücklich für „Privat- 
eigentum®. Nun weiß man, was man hat ?!. 
  
2° Vgl. oben Note 15 und Dernburg gegen Eisele in Note 19. 
1 Das Mißtrauen gegen das öffentliche Recht überhaupt, von dem Fleiner, 
Die Umbildung S. 16, so anschaulich redet, sammelt sich über dem öffentlichen 
Eigentum zu einer Art abergläubischer Furcht. Ubbelohde, Forts. z. Glück 
Bd. 48 u. 44 S. 110: „Wollen wir also nicht etwa mit Eisele den unbekannten 
Begriff eines publizistischen Eigentums annehmen, so können wir das Recht der 
Gemeinde an den Straßen und Plätzen für gar nichts anderes halten als für 
privatrechtliches Eigentum.“ R.G. 23. Febr. 1908 (Entsch. LIV S. 53): Eigentums- 
recht an der Straße in Mecklenburg, „und zwar eines solchen, das nicht als ein 
nur publizistisches, sondern als ein wirkliches privatrechtliches 
Eigentum der Stadtgemeinde sich darstellen würde“. 
Vor allem sind es unsere Gesetzgeber, d. h. die Juristen, die bei ung die 
Gesetze ausarbeiten, welche hier eine Pflicht der Vorsicht erfüllen zu müssen 
glauben. Der erste Entw. z. Sächs. Wasserges. v. 12. März 1909 sagte noch 
schlechthin, alle öffentlichen Gewässer seien „dem Privatrechtsverkehr entzogen“. 
Im zweiten Entw. wurde, auf Anregung des Justizministeriums, ausdrücklich er- 
klärt: „Das Bett der Elbe steht im Privateigentum des Staates.“ Jetzt heißt es 
in $ 5 einfach „im Eigentum“. Man schließt daraus, daß es Privateigentum sei 
und will nur für das Wasser, das in diesem Bette läuft, der Rechtswissenschaft 
die Möglichkeit geben, es für öffentliches Eigentum zu halten (Schelcher, 
Komm. S. 27), Meines Erachtens ist durch die gewählte Formel die Rechts- 
wissenschaft auch bezüglich des Bettes nicht gebunden. — Das Preuß. Wasserges. 
v. 7. April 1913 bestimmt in $ 7: „An den Wasserläufen erster Ordnung steht 
dem Staate das Eigentum zu.“ Die Allgemeine Begründung bemerkt dazu (Abg.- 
Haus 1912 Drucks. I S. 671): „Praktische Gründe, die gegen die Anerkennung 
eines Privateigentums an den Wasserläufen sprechen, sind in der die Öffentlichkeit 
aller (?) Wasserläufe verfechtenden Literatur nicht angeführt. Um unbestimmter 
Vorstellungen willen (!) die sich nach dem geltenden Rechte bietende feste Grund- 
lage des Eigentumsbegriffes zu verlassen usw.“ Eine feste Grundlage bietet frei- 
lich dem, der es kennt, auch das öffentliche Eigentum, und ob die Art, wie auch 
das Preußische Gesetz das Eigentum am Strom mit Besonderheiten ausgestattet 
hat, nicht besser zu diesem paßt, bleibt die Frage. — In Baden hatte Dorner 
im Kom. z. A.G. z. B.G.B. S. 130 ausgeführt: Durch die Bestimmung, daß die 
öffentlichen Sachen „im Eigentum stehen“ (einfach: im Eigentum!), habe das Ge- 
setz gebrochen mit der französischen Auffassung, wonach an diesen Sachen „nur“ 
ein publizistisches Eigentum besteht. Das neue Gesetz v. 8. April 1913 bestimmt 
jetzt wieder in $ 1, daß die öffentlichen Gewässer „im Eigentum des Staates
	        
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