$ 35. Das öffentliche Eigentum; Begriff und Umfang. 89
aus Rücksicht der Zweckmäßigkeit verliehen ist durch eine rechts-
satzmäßige Bestimmung. Für ihren Eigentümer, also vor
allem den Fiskus, bedeutet das eine Beschränkung seines
Eigentums, eine Last, die ihm auferlegt ist. Es ist klar, daß
das gegenüber dem Ursprünglichen etwas ganz Neues und anders
Gedachtes ist. Die „Extrakommerzialität“ in diesem Sinn bedeutet
aber natürlich einen privatrechtlichen Rechtssatz und wurde
auch rubig als solcher genommen, bis das B.G.B. kam und mit
Recht befürchten ließ, daß eine solche privatrechtliche Beschränkung
fortan ausgeschlossen sei: weder ordnete es sie selbst an, noch
duldete es fürderhin, daß die Landesgesetzgebung solches tue. Es
lag nahe, daß man nunmehr versuchte, den bisherigen Privatrechts-
satz durch einfache Umtaufe ins Öffentlichrechtliche hinüberzu-
retten. Das wäre natürlich nicht ernst zu nehmen.
Allein gleichzeitig erhielt das Ganze eine neue Wendung in-
sofern, als diese Eigentumsbeschränkung und Last auch ihrem
Inhalt nach umfassender gestaltet wurde: es wurde nun in sie
hineingelegt auch die Aufgabe, der die Verkehrsentzogenheit
dienen sollte, die Bestimmtheit der Sache für den öffentlichen
Zweck. Die Gebundenheit der Sache für diesen Zweck
ist es, die das Eigentum belastet und unter anderem auch die
entsprechende Verkehrsentzogenheit hervorbringt. Sie enthält vor
allem die Verpflichtung dessen, dem die Sache gehört, sie der be-
stimmten Öffentlichen Nützlichkeit, nicht bloß Gemeingebrauch,
sondern auch Nützlichkeit, die sich nicht so vermittelt, wie z. B.
die des Festungswerkes, gewidmet zu halten, die Verpflichtung,
den nötigen Aufwand zu machen für die Instandhaltung und alle
Verfügungen zu unterlassen, welche der Erfüllung jenes Zweckes
zuwiderlaufen. Kurz es erscheint hier alles, was wir die Verwaltung
der öffentlichen Sachen nennen mögen ®.
* Windscheid-Kipp, Pand. 1906 I $ 147, zieht ehrlich die Folgerung:
„Der besondere privatrechtliche Schutz solcher Sachen, wie ihn das gemeine Recht
kannte, besteht nicht mehr“.
* Jellinek in Verw.Arch. V S. 311: „Privateigentum mit publizistischen
Beschränkungen hinsichtlich der Mittel und Zwecke seiner Verwendung“.
Bekker, System d. Pand.R. 8 78; Gierke, D. Pr.R. II S.23 u. 24; Bornhak
in Verw.Arch. VIII S. 69; Rausnitz in Gruchot, Beitr. XXXIX S. 522 ff;
Moll, daselbst LIV S. 348; Paris, Entschädigungsberechtigung S. 10; v. Bitter,
Handwörterb. d. Pr. Verw. II 8. 9%4; Biermann, Öff. Sachen S. 4 ff. u. 39 ff.;
Hawelka, Österr. Friedhofsrecht 8.45 ff.; R-G. 16. Juni 1899 (Preuß. Verw.Bl.
XX1 8.197). Bezeichnend für die Art, wie das meistens gemeint ist, Germers-
hausen, Wegerecht I 8, 84: „Durch die Widmung eines Weges für den Öffent-