Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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denn der Weg ist ihm gar wohl bekannt; vor dem Manne nun, wo es 
wird stehen bleiben, wiehern und auf die Knie fallen, da bleibt auch 
ihr stehen, denn der ist es, der euch beherrschen soll. Ihr werdet mir 
aber nicht eher glauben, bis ihr euern Fürsten auf einem eisernen Tische 
essen sehet: seid aber unterwegs ja friedlich, denn euer Zank auf dieser 
Reise wird euren Aachkommen nach 1000 Jahren schaden. Die 
Gesandtschaft, welche dem Roß gefolgt, traf auch richtig den 
Primislaus an Ort und Stelle an, und da das Pferd sofort vor 
ihm auf die Knie sank, so veranlaßte das die Gesandten, ihm der 
Libussa Befehl und des Volkes Verlangen zu entdecken, worüber 
Primislaus ganz bestürzt war. Endlich steckte er seine Rute in die 
Erde und sprach, es sei denn daß diese grüne und blühe, sonst 
könne er es nicht glauben, spannte dann die Ochsen aus und sagte: 
„Gehet hin, wo ihr hin wollt.“ Worauf aber Primislaus mit den— 
selben einen gewaltigen Sprung in die Wolken tat, von dem die 
Ochsen jedoch nicht wieder zum Vorschein gekommen; die häselne 
Rute hat sogleich zu grünen, drei Zweige mit Blättern zu treiben 
und zu wachsen angefangen, auch in demselben Augenblick Früchte 
hervorgebracht, aus welchen nachgehends eine Haselstaude geworden, 
so noch heutzutage bei dem Dorfe Staditz steht und über welche 
Kaiser Karl IV. im Jahre 1359 ein Privilegium an zwei Feld- 
nachbarn des Primislaus gegeben hat, daß diese frei von allen 
Abgaben und Fronen sein sollten (weil sie damals die einzigen 
gewesen, die Primislaus Glück gewünscht), dafür aber die Hasel- 
staude zu pflegen und die Aüsse, welche sie trüge, nach Prag an 
die Kkönigliche Kammer abzuliefern hätten. Dann hat Primislaus 
den Pflug umgewendet, ein Stüchkh schimmlig Brot und Quark 
hervorgezogen, solches auf den Pflug gelegt und die Gesandten zu 
Gaste gebeten, welche sich um den Pflug herum auf die Erde setzten 
und sich mit Brot und Wasser traktieren ließen, dabei aber fleißig 
an Libussä Worte dachten. Nach geendigter schlechter Mahlzeit 
legten sie Primislaus das fürstliche Kleid an und zogen ab gen 
Prag, da denn dieser seine Schuhe von Lindenbast zum Gedächtnis 
mitnahm, welche erst in den hussitischen Unruhen verloren gegangen 
sind. Als sich nun dieser bäuerische Prinz dem Schlosse nahete, 
kam ihm Libussa mit ihrem Frauenzimmer entgegen, führte ihn in 
ihr Zimmer, traktierte ihn mit Wildbret und Met und hielt auch 
noch an demselben Abend ihr Beilager mit ihm. Deshalb hat aber
	        
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