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auch sie, was jetzt über alle ihre Stammesgenossen in der Umgegend
erging: sie mußten den Weisungen der deutschen Herrschaft willigen
Gehorsam leisten und die Taufe und den christlichen Glauben an—
nehmen. Letzterer Anordnung kamen sie indessen nur widerwillig
nach, denn der neue Glaube stand im Widerspruch mit ihrem dem
Vater geleisteten Gelübde und erlaubte ihnen nicht, manchen alten
liebgewordenen Gebrauch weiter zu pflegen; sie fühlten sich darum
oft in ihrem Herzen beschwert und gingen häufig zur Aachtzeit mit
anderen Genossen hinaus zum zerschlagenen Opfersteine und übten
allda ihre heidnischen Gebräuche.
Lange blieb das Treiben der Schwestern und ihres Anhanges
verborgen, als aber aus dem Walde am Geiersberg heraus ein
Kirchlein sich erhob und die Mönche dort das Seelsorgeramt mit
Strenge übten, da setzten diese auch den Zusammenkünften am
Opfersteine ein Ziel und forderten die Schwestern, als die Veran—
stalter derselben, zu strenger Rechenschaft. „Ihr dient dem Herrscher
der Hölle,“ eiferten sie; „wohlan, da ihr unsere Warnungen und
Mahnungen nicht beachtet habt, so sollt ihr auch dem Bösen verfallen
sein. Wir sprechen den Bann über euch aus; freud= und friedlos
sollt ihr sein, bis es euch gelingt, ein Christenkind zu herzen und zu
küssen, das man aus dem Walde herein nach St. Margarethen zur
Taufe trägt.“ — In der Tat gewann es den Anschein, als waltete
über den aus der Gesellschaft Gestoßenen von Stund' an ein freund—
licher Stern nicht mehr. Jedermann vermied den Umgang mit
ihnen; sie hatten weder Rast noch Ruhe mehr und mußten öfters
in der Nachtzeit, wenn die wilde Jagd dahinzog, wie das ge-
hetzte Wild den finstern Wald durchirren. Das waren böse, harte
Zeiten für die Schwestern, traurige Erlebnisse, welche endlich in
ihren Herzen die Reue erkeimen ließen, dem Willen des Baters ge-
mäß gehandelt zu haben. Vergebens erwies sich auch das Be-
mühen, den wenigen, zufällig in ihre Nähe RKkommenden Menschen
sich freundlich zu erweisen, vergebens die Bitte bei den Mönchen zu
St. Margarethen, den bösen Zauber zu lösen, welchen ihr Bann
über sie gebracht hatte; die Not blieb und nahm zu, je älter sie
wurden. Manches Jahr war bereits verschwunden und noch immer
harrten die Schwestern des Zusammentreffens mit einem Kinde, das im
nahen Kirchlein die Taufe empfangen sollte. Zwar hatte der Zu-
fall die Gelegenheit hierzu einigemale geboten, aber die Scheu vor