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halten peinigten ihn um so mehr allerlei Vorwürfe, als ja die Schwestern
sich ihm immer freundlich erwiesen hatten. Mit dem ersten Sonnen—
strahl, der seine Hütte traf, war er darum auch schon auf den
Beinen, ging auf den Berg und forschte nach den drei Jungfrauen.
Er kam zu ihrem Hofe, doch dieser lag still und ausgebrannt vor
ihm; er stieg hinauf zum zerklüfteten Gemäuer der Burg, aber auch
hier war nichts von den Gesuchten zu sehen und zu hören. Miß—
mutig lagerte er sich nunmehr in das Gras und rief mit fast
weinerlicher Stimme und allerei zärtlichen Worten nach den
Schwestern. Doch auch diese Mühe schien lange des Erfolges zu
entbehren. Endlich gewahrten seine Augen hinter einem Stein ein
kleines graues Männlein mit langem weißen Bart, welches ihm
also zurief: „Törichter, warum störst du die kaum begonnene Ruhe
der Schwestern? Warum lohntest du ihr Vertrauen nicht wieder
mit deinem Vertrauen? Du hast dein Glück verscherzt, doch
deines Sohnes werden sie gedenken, sobald die Sonne achtzehnmal
über die Erde gegangen sein wird. Wisse, die einst Vielgeplagten
schlafen von jetzt an bei ihren Schätzen im Berge; wenn sie er-
wachen, erscheinen sie wieder an dem Brunnen; begegnet ihnen
dann ein Menschenkind, dem sie wohlwollen, so beglücken sie es
mit großem Gute.“
An des Köhlers Kinde ist die Verheißung zur Wahrheit ge-
worden; ebenso sind im Verlauf der Zeiten die Schwestern mehreren
nächtlichen Wanderern glückbringend erschienen. Aber noch sollen
die von ihnen gehüteten Schätze so groß sein, daß sie davon noch
vielen Erwählten zu spenden vermögen. Wer nun davon haben
will, der gehe zur Zeit der Sommer= und Wintersonnenwende, so-
bald es nächtet, auf den Berg; vielleicht erscheinen die Schwestern
und lassen ihn Gnade finden vor ihren Augen.
1245. Der Nonnenfelsen bei Erlabrunn im Schwarzwassertale.
Köhler a. a. O., Ar. 251; „Glüchkauf“, 3. Jahrg., S. 21.
Der wilde Graf Iso von Isenburg saß noch in mitternächtiger
Stunde in seiner Burg beim Weinkrug. Er langweilte sich und
meinte, wenn er nur einen Genossen hätte, derselbe könnte selbst