Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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Eiligeres zu tun, als seine Tochter zu fragen, warum sie so er— 
schrocken sei, allein diese antwortete, es sei der Teufel gewesen, der 
sie als Braut heimführen wolle; sie habe nämlich vergangene Nacht 
geträumt, sie liege im Walde und es Kkomme ein Mann, ganz so 
wie der eben verschwundene Fremde, auf sie zu und nenne sie seine 
Braut, Rüsse sie und lasse dann bei seinem Weggehen sich durch 
seine Hörner, Schwanz und Pferdefuß als den Teufel erkennen. 
Der alte Günzer war eben daran, sie zu trösten, da erblickte er auf 
dem Tische ein Blatt Papier, auf welchem geschrieben stand: in 
neun Wochen werde ich um Miitternacht ans Fenster pochen und 
meine Braut heimführen! Aun war kh-ein Zweifel mehr, daß der 
Traum in Erfüllung gegangen war. 
Vater und Tochter verlebten nun die neun Wochen in Angst 
und Sorgen, sie beteten zwar von früh bis abends, gingen auch 
zum Abendmahl, allein eine innere Stimme sagte ihnen, daß der 
Böse nicht so leicht von ihnen lassen werde. Und so war es auch; 
als die Mitternachtsstunde des letzten Tages jener Frist verstrichen 
war, da pochte es ans Fenster und schrie mit schrecklicher Stimme: 
„Braut heraus, Braut heraus!“ Günzer aber rief laut Gott um 
Beistand an, und der Gottseibeiuns verschwand unter Donner und 
Blitz mit den Worten: „AMoch neun Tage Frist, dann bist du meine 
Braut, oder eure Hütte steht in Flammen!“ 
So verstrichen abermals neun Tage unter Angst und Sorgen, 
allein wieder kam die gefürchtete Mitternachtsstunde heran, und mit 
dem zwölften Schlag klopfte es an das Fenster und rief: „Heraus 
die Braut, sonst brennt das Haus!“ Aber der alte Günzer schloß 
seine besinnungslose Tochter in seine Arme und sprach: „Um Christi 
Wunden, hebe dich weg von uns, Satanas!“ Da brüllte der Teufel: 
„Braut, das Haus steht in Flammen, nochmals neun Wochen Frist, 
und bist du dann noch nicht mein, so wird dein Vater elendiglich 
enden!“ Mit diesen Worten verschwand er zwar, allein auch das 
ganze Haus stand in Feuer und nur mit der größten Mühe retteten 
beide ihr Leben. 
Sie flohen nun zuerst zu Verwandten, allein bald bauten 
ihnen mitleidige Menschen eine andere Hütte am Rande des Waldes, 
denn ihre frühere war zu einem stinkenden Schwefelpfuhl geworden. 
Allein auch hier ward es nicht besser; schon kam wieder die neunte 
Woche heran, da übermannte einst am hellen Mittag Kätchen der
	        
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