— 1X —
Geographie, Völkerkunde, Philosophie und noch manch andere
Wissenschaft schöpfen Belehrung und Erkenntnis aus den „Ele—
menten des Volksgeistes“, wie sie das volkskundliche Material
bietet.“
Die vorliegende Sammlung ist somit ausreichend begründet.
Da sie aus Gräßes Buch entwickelt ist, so habe ich zunächst mein
Verhältnis zu jenem klarzustellen. Der Sagenschatz Gräßes ent-
hält in seiner 2. Auflage (Dresden 1874) 894 Sagen aus dem
Königreiche, sowie einen Anhang, die Sagen des Herzogtums
Sachsen-Altenburg, mit 107 Nummern. Die letzteren sind, entgegen
dem ursprünglichen Plane, weggeblieben, weil sonst der Umfang
des neuen Buches allzugroß geworden wäre. Da einmal — aus
praktischen Gründen — der Sagenhort einer politischen, nicht
einer ethnographischen Einheit zusammengestellt werden sollte, so
lag es zudem nahe, sich streng innerhalb der Grenzen des König-
reichs zu halten und die altenburgischen Sagen einer besonderen
Sammlung zu überlassen.
Von den sächsischen Sagen Gräßes sind 267 ausgemerzt
oder — doch betrifft dies nur eine sehr geringe Anzahl — nach
älteren und reinen Quellen wiedergegeben worden. Der Rest
von 627 Sagen bildet nun Reineswegs das ausschließliche Eigen-
tum Gräßes, denn ihre überwiegende Mehrzahl ist aus allgemein
zugänglichen Schriftwerken entlehnt. Es scheint mir jedoch eine
Pflicht der Dankbarkeit gegen meinen Vorgänger zu sein, dessen
Werk bei den Sagen als nächsten Fundort zu nennen, die er
zuerst in seiner Sammlung verwertet hat. Gräße allein gehören
von den hier verwendeten Sagen nur 61 an, während das vor-
liegende Buch 120 bisher ungedruckte Sagen aufweist. Ein
Zeugnis für die rege Mitarbeit, deren ich mich erfreuen durfte
(denn meine eigenen Beiträge aus dem Volksmunde hatten in
* Jch verweise im übrigen auf zwei kürzlich erschienene
Darstellungen: Kaindl, „Die Volkskunde, ihre Bedeutung,
ihre Ziele und ihre Mlethode“, Leipzig und Wien 1903, und
Reuschel, „Volkskundliche Streifzüge“, Dresden und Leipzig
1903.
Meiche, Sagenbuch. B