— 1053 —
Drachenfels, war mit Fräulein Elsbeth, der Tochter des Ritters
Haimburg zu Waldenburg, verlobt.
Elsbeth erhielt einst heimlich Aachricht, ihr Verlobter betreibe
Räuberei. Um sich selbst zu überzeugen, ob diese Kunde wahr oder
falsch sei, machte sie sich mit Bewilligung ihres Vaters auf und
fuhr, von des Vaters Knappen begleitet, bis an den Felsen, welcher
unmittelbar am rechten Muldenufer hart hinter Penig am Fuße des
Galgenberges liegt. Hier stieg sie, ihr Gespann stehen lassend, aus
dem Wagen und begab sich auf die Burg. Auf dieser herrschte
eine tiefe grauenvolle Stille. Düstere Ahnungen durchbebten des
Fräuleins Seele: sie schaute sich um, fand Blutspuren auf dem Vor—
saale und an der Kamintüre des Ritters Siegelring.“
Noch mehr Blutspuren nebst einem bluttriefenden Dolche fand
das Fräulein auf dem Zimmer des Ritters, der eben vorher einen
Mord begangen und bei dem Ringen mit seinem Schlachtopfer
seinen Ring verloren hatte. Elsbeth nahm schaudernd den Siegel-
ring mit dem blutigen Dolche und kehrte, ohne bemerkt zu werden,
aus der Burg nach ihrem Gespann und mit diesem wieder nach
Waldenburg zurück. Der vorstehend beschriebene Fels, wo ihr
Gespann gestanden, heißt davon aber heute noch der Liebchen-
stein.“ ·
Das Fräulein hinterbrachte ihrem Vater die schreckliche Kunde,
worauf Ritter Haimburg mehrere Ritter (worunter der Ritter Gerold
von Babenstein) nebst dem Schachtritter zu sich entbieten ließ. Das
Al-ahl war bereitet und die Pokale kreisten nach Ritterart. Aber
über dem festlichen Mahle wurden dem Schachtritter plötzlich der
Siegelring nebst dem Dolche vorgezeigt; leicht ward er des Mordes
überwiesen, von den herbeigerufenen Knappen gefesselt und in Haim-
burgs Burgverlies geworfen. Letzterer verband sich dann mit noch
— —.
* Aach einem andern Berichte fand Elsbeth einen Finger, an welchem
der Ring ihres Bräutigams stechkte.
** Der Liebchenstein liegt unmittelbar an der Mulde. Früher war
er ein sehr sehenswerter Punkt wegen der merkwürdigen Felsbildung. Seit
längerer Zeit ist jedoch an demselben ein Steinbruch angelegt worden, und
ein bedeutender Teil des Liebchensteins ist bereits verschwunden. Auch
fanden sich früher bei dem Liebchenstein mehrere von Menschenhänden aus-
gehauene Felshöhlen. Diese sind heute ebenfalls verschwunden, da sie bei
dem Steinbrechen verschüttet wurden.