Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 1069 — 
1263. Der Nonnenstein bei Weißig. 
Gräße, Bd. I, Ar. 190; Süsse, Historie d. Städtchens Königstein, S. 220; 
Lothar, Volksmärchen, Leipzig 1820, S. 57; poetisch beh. von Aicolai 
a. a. O. S. 9 ff. 
In der ABähe des Dorfes Weißig befindet sich gegen Abend, 
der Bastei gegenüber, der sogenannte MNonnenstein, der sich wie ein 
vierseitiger, mehrere Etagen hoher Turm, ohne Dach gerade in die 
Höhe erhebt und sich durch diese sonderbare Gestalt von allen 
übrigen Felsenhöhen unterscheidet. Er soll seinen Namen davon 
haben, daß da, wo oben auf seinem Gipfel eine Höhlung, einer 
Schale oder einer Schüssel ähnlich, anzutreffen ist, vor langen Jahren 
eine Nonne an einem ästigen angefällten Baume täglich diesen 
Felsen bestiegen und hier ihr Gebet verrichtet habe. Noch 1691 
soll ein alter Mönch ebendahin gewallfahrt sein, und das Volk er- 
zählt sich nun, dieser und die Nonne seien ursprünglich ein paar 
Liebende gewesen, aber durch die Eifersucht des Jünglings getrennt 
worden, worauf beide in zwei nahe gelegene, nur durch die Elbe 
getrennte Klöster gegangen wären; und jeden Morgen habe nun 
die Nonne den nach ihr genannten Felsen bestiegen und sehnsüchtig 
nach einem andern gegenüberliegenden Felsen, den deshalb so ge- 
nannten Aünchsstein, geblicht, weil sie gewiß gewesen, dort ihren 
früheren Geliebten aus gleicher Ursache zu erblichen. Von beiden 
Klöstern ist nur noch weniges Gestein übrig, aber noch zu Anfang 
des vorigen Jahrhunderts zeigte man die Zelle des Alönchs in den 
Ruinen. 
* Ziehnert, S. 234 ff., erzählt die Sage anders. Vach ihm ist 
eine Nonne, welche, nachdem sie den Klosterpförtner vergiftet hatte, mit 
einem Ritter aus ihrem Kloster in Böhmen entflohen war, von jenem aber, 
als sie sich ihm hingegeben hatte, schnöde verlassen wurde, zum Tode er- 
schöpft zu einem Greise nach Weißig gekommen und hat um kurze Auf- 
nahme gebeten. Hier hat sie einen Traum gehabt, worin ihr der Nonnen- 
stein mit der daran liegenden umgebrochenen Eiche von einem Engel ge- 
zeigt und befohlen ward, hier täglich ihr Gebet zu verrichten, dann werde sie 
Gnade bei Gott finden. Dies hat sie zwei Jahre lang täglich getan. Da 
hat man sie eines Tags tot auf dem Felsen gefunden und diesem darum 
den Namen Monnenstein beigelegt.
	        
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