Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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wie unzureichend das Brot sein würde, welches er für die wenigen 
Pfennige Tagelohn am Abend würde kaufen können. „Ach Gott!“ 
rief er, die nassen Augen zum Himmel gewendet, „du kannst Großes 
tun, o gib mir und den Meinen, daß wir nicht verhungern dürfen!“ 
Da fielen plötzlich große Stücke einer schönen weißen Masse unter 
den Schlägen seiner Hacke aus der Lehmwand hervor. Wie er— 
staunte der gute Mann, als er sie genauer betrachtete und sah, daß 
sie beim Angreifen zu Mehl wurden, welches gutem Brotmehl an 
Ansehen, Gewicht und Geschmack ganz gleich war. Aicht länger 
zweifelte er, daß Gott durch diese seltene Masse ihm wunderbar 
helfen wolle, lud ohne Säumen seinen Schiebkarren voll solcher 
Mehlklumpen und fuhr damit nach Hause. Ehe der Abend kam, 
hatte er eine ziemliche Anzahl Brote daraus gebacken, welche sehr 
schmackhaft waren und wie Veilchenwurzel dufteten. Bald wurde 
die Mär von dem wunderbaren Mehle bekannt, und noch viele 
arme Leute in Freiberg und der Umgebung suchten in den Lehm— 
gruben nach der belobten weißen Masse, welche sie auch fanden 
und zu Brot backen und genießen konnten, nämlich, wenn sie fromm 
und gut waren. Denn nur wenn arme rechtschaffene und gottes- 
fürchtige Leute das Mehl als eine Gabe Gottes ausgruben und 
mit Danksagung verbrauchten, blieb es gutes und brauchbares 
Alehl; wenn es aber Spötter und Gottlose in die Hände nahmen, 
ward es zu Sand und zu Stein.“ 
771. Die Wallfahrt zur schönen Marie in Freiberg. 
Gräße, Rd. 1, Nr. 272; Moller a. a. O., Bd. II, S. 20 ff.; Peccenstein, 
Teil III, S. 15. 
Im Jahr 1261 sind die Geißler in großer Zahl in das Land 
Mleißen gekommen und auch in die Stadt Freiberg gezogen, wo 
  
Im Schönburgischen heißt ein Berg an der Mulde, dem wüsten 
Schlosse Eisenburg gegenüber, wo sich der von Mosel und der von Schön- 
fels, die Genossen Kunzens von Kauffungen, in einer Höhle verborgen 
hielten, noch jetzt Mehltheuer, weil einmal bei einer Teuerung dort 
Mehl aus der Erde hervorgequollen sein soll. (S. Wachter, Glossar. 
German. minus, S. 224. Ahnliches bei Kamprad, S. 436, 493; Hormayr, 
Taschenb., 1838, S. 257 ff.
	        
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