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92. Das Männchen und die Wöchnerin im Lohhaus.
Mitgeteilt von Lehrer A. Zimmer, Raun.
Das Lohhaus ist ein altes Schilbacher Jägerhäuschen (Schilbach
bei Schöneck). Es stand am Abhange jenes mit mächtigen Fichten
bewachsenen Bergkegels, den die Leute „Streugrün“ heißen; wenn
man nach Eschenbach geht, von den sogenannten Bockmühlen 10 Minuten
links im Walde. Seit einem Mandel Jahre ist es zerfallen, und
heute dehnt sich an der Stelle eine große, schon von weitem durch
die glühroten, hochästigen Blüten der Weidenrose kenntlich gemachte
Himbeerreut aus.
Vom Lohhaus-Kehr, so hieß der Waldmensch, der hier hauste,
munkelte man sich allerhand Geschichten.
Dessen Frau lag einst im Wochenbett. In der ANacht kam
ein graues Männchen zu ihr und bat sie mitzugehen — sie werde
ihr Glüch machen. Die Wöchnerin mußte natürlich darauf ver-
zichten. In der nächsten Nacht kam das Mlännchen wieder: sie
solle doch nur mitgehen, sie werde es nicht bereuen, er Kkönne keine andre
gebrauchen als gerade sie, sie möchte ihn doch erlösen. Alles
Bitten aber war umsonst — sie kRonnte ja nicht. — Noch einmal
kam der Kleine, in der dritten Nacht, vergeblich. Da soll das Männ-
lein weinend von dannen gegangen sein und gesagt haben: „Aun
muß ich wieder hundert Jahre laufen, ehe ich wieder einen passenden
Menschen finde."“
93. Der Mönch im Oels'schen Hause in Oelsnitz.
Gräße, Bd. I., Ar. 658; Köhler, Aberglaube, S. 511.
Vor vielen, vielen Jahren lebte in der Stadt Oelsnitz ein
Kaufmann, Namens Oels, dessen Hausgrundstück zum Kloster gehört
hatte. Von diesem Hause geht die Sage, daß sich darin zu ver-
schiedenen Zeiten, öfter aber in den Abendstunden, ein alter eisgrauer
Aönch sehen lasse. Der Mönch soll eine schwarzgraue Kutte und
an seinen Füßen alte Schuhe tragen: er Kkommt aus einem alten,
nicht mehr brauchbaren Gewölbe, hierauf geht er einige Male im
Hause hin und her, um endlich plötzlich zu verschwinden. Die Haus-
bewohner fürchten sich nicht vor ihm, er hat auch noch niemandem
etwas zuleide getan.