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103. Der ewige Jude im Vogtlande.
Gräße, Bd. U, AMr. 636; Köhler, Aberglauben usw., S. 568.
Im Schilbacher Walde hat sich einst an einem trüben Herbst-
abende der ewige Jude sehen lassen. Es war eine lange unheim-
liche Gestalt mit langem, eisgrauem Barte und Haar und eingewichelt
in einen graubraunen zerrissenen Mantel, von dem auch das ganze
unheimlich zerfetzte Gesicht bedeckt war. In rauher, fremdklingender
Sprache fragte er einen alten Vogelsteller nach diesem und jenem,
nach einigen Familien und Dörfern, die aber nicht mehr vorhanden
waren, aber der Sage nach einst existiert haben sollten. Dann hat
er ihm einige unbekannte Eigentümlichkeiten der da hängenden
Vögel und einige heilende Kräuter, die draußen vor der Waldhütte
wuchsen, gezeigt, von dem Kreuzschnabel ist er aber immer fern ge-
blieben. Dem alten Vogelsteller wurde der Gast unheimlich, der,
als er gefragt ward, ob auch ein guter Christ das alles wissen
könne, plötzlich aufstand und ohne Gruß fortging. Da sah der
Vogelsteller dem Davongehenden nach und bemerkte plötzlich an
seiner Spur, daß in der Sohle fünf großköpfige Aägel in Gestalt
eines Kreuzes eingeschlagen waren, die dann bei jedem Schritte des
Wanderers dieses heilige Zeichen in den Boden einprägten. Da
sah er, wer der Wanderer gewesen war, der so genau wußte, wie
vor vielen hundert Jahren die Gegend hier beschaffen gewesen sei.
104. Das Gespenst am Leichenftege bei Grobsdorf.
Eisel, Sagenbuch des Vogtlandes, Ar. 158.
Auf einen Mann ohne Kopf, der am Leichenstege bei Grobs—
dorf zuweilen umgeht, hat einmal einer, der auf dem Anstande
war, das Gewehr angelegt. Da erlahmte ihm der Arm, daß er
ihn ganzer neun Wochen lang nicht hat brauchen können.
105. Der Reiter ohne Kopf bei Heiersdorf.
Frost, Chronik von Grünberg, S. 76.
„Der Reiter ohne Kopf“ sauste früher spornstreichs mit ver—
hängtem Zügel von Heiersdorf aus durch den „Klotzgraben“ auf