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kirchengläubigen Christen, besonders in katholischen Gegenden,
werden manche Wundersagen (wie die Legenden) als durchaus
mögliche Geschehnisse hier nicht am rechten Platze erscheinen; ge—
wisse Seelen- und Zaubersagen (z. B. Ar. 1 und 660) wird unsere
Zeit gern als mesmerianische Versuche und hypnotische Vor—
führungen erklären (ogl. Paudler in den Mittheilungen des
Nordböhmischen Exkursions-Klubs, XVIII. S. 17 ff.), während
von anderer Seite sogar der Versuch unternommen worden ist,
die mit Steinen werfenden Poltergeister als vorhanden nachzu-
weisen (Dr. Carl du Prel in den Psychischen Studien, XXI (1894),
S. 535 ff.).
Auf diese Sonderauffassungen brauchte ich jedoch bei der
Herausgabe des vorliegenden Buches weiter Reine Büchsichten
zu nehmen. Daß die MAlärchen und Legenden des Sachsenlandes
hier ausgeschaltet worden sind, bedarf wohl Reiner besonderen
Begründung. Wenn sie einst von Rhundiger Hand bearbeitet sein
werden, wird man über den ungeahnten Reichtum an sinnigen
Aärchen staunen. Legenden besitzt vornehmlich die Ratholische
Wendei in großer Zahl und Schönheit.
Der Sagenforscher hat sich aber noch mit einer Anzahl
Gebilde auseinanderzusetzen, die mit dem Anspruche, Sage zu sein,
an ihn herantreten. Das sind die in bewusßter literarischer
Tätigkeit geschaffenen sagenhaften Erzählungen.
Kann er durch unmittelbares Zeugnis nachweisen, daß ein
Schriftsteller aus eigenster Phantasie, vielleicht gar mit bestimmten
NRebenabsichten eine Sage gebildet hat, so ist diese natürlich ab-
zulehnen; denn sie würde den Volksforscher nur irreleiten. Ein
solches Gebilde ist z. B. die Sage vom Trompeterschlößchen zu
Dresden (Gräße Ar. 109), die von Th. Hell nach seinem eigenen
Geständnis erfunden worden ist, oder die Sage von der bretter-
nen Saloppe (ebenda Nr. 594), durch die eine bekannte Dresdner
Familie verunglimpft werden sollte.
Anders liegt die Sache, wo der (bekannte oder unbekannte)
Dichter ein dem Volke entnommenes Sagenkorn poetisch befruchtet
und es dann dem Volke zur weiteren Ausbildung zurüchkgibt.