— 117 —
Kind mitkommen werde, es solle weder ihr noch diesem etwas zu
Leide geschehen und sie werde so viel finden, daß sie für ihre Leb—
tage davon genug haben werde. Daher hat sie eines Tages ihre
Zeit und Gelegenheit abgesehen, ist auf das Geheiß des Gespenstes
aufgestanden und in die Studierstube gegangen und hat dort so
lange geharrt, bis die weiße Frau das Knäblein aus seinem
Bettchen genommen, auf den Arm gehoben und hineingebracht hat,
welches in der Nacht zwischen 1 und 2 Uhr geschehen ist. Aach-
dem sich aber mit der Türe ein großes Gerassel erhoben, auch der
Wachsstoch, den das Gespenst nebst einem langen Briefe, mit
Mönchsschrift beschrieben, in der rechten Hand gehabt, sehr helle,
wie wenn des Morgens die Sonne aufgeht, geleuchtet, ist das
Knäblein gleich darüber aufgewacht und hat dem Gespenste eine
Ohrfeige nach der anderen gegeben, daß sie es endlich vom Arme
herabgelassen und mit der linken Hand fortgeführt, weil es nicht
weiter hat mitgehen wollen. Da denn der ganze Saal zur rechten
und linken Hand voller schwarzer und weißer Mönche gestanden,
mitten durch ist ein enger Durchgang geblieben, und haben sich
auf beiden Seiten Musikanten gefunden, welche mit Geigen, Posaunen
und Trompeten aufs Lieblichste musiziert, wie solches alle im Hause
gehört. Als nun das geängstigte Kind samt der Aähterin an die
Treppe kommt, sieht es daselbst einen großen schwarzen Hund sitzen,
der eine feurige Zunge aus seinem Rachen rechkt, ist aber davon
noch mehr erschrocken und fängt an zu schreien: „Ach! Hund beißt,
Hund beißt!“ worauf es sich aus den Händen des Gespenstes ge-
rissen und wieder in die Studierstube gelaufen ist. Da nun die
Aähterin solches gesehen, entfällt ihr der Mut auch, sie kehrt also
ebenfalls um; allein es ist ihr wie das erste Mlal nicht wohl be-
kommen, sondern die bösen Geister haben sie bei den Haarzöpfen
ergriffen, zurüchgezogen und etliche Male wider den Boden gestoßen,
wobei es ihr vorgekommen ist, als wenn neben ihrem Kopfe lauter
Pistolen losgeschossen würden. Indem sie nun noch mit großer
Mühe in die Studierstube gekommen und niedergesunken, nicht
wissend, wo sie sei, noch wie ihr geschehen, da hat sich das Knäb-
lein umgewendet, sie bei der Hand genommen und vollends in
seines Vaters Schlafkammer geführt, wohin die Frauenzimmer aus
der andern Kammer gelaufen kamen und sie hier zu erquicken
suchten. Der Superintendent hat nun die ganze Zeit hindurch mit