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171. Das alte Bergmagazin und die Franzosen-Resel in
Marienberg.
Mitgeteilt vom Miillitärschriftsteller Max Dittrich, Meißen.
Einen Büchsenschuß entfernt von den Kasernen der heutigen
K. S. Unteroffizierschule in Marienberg liegt abseits der Landstraße
nach Wolbenstein das alte Bergmagazin, erbaut dereinst, als der
Silberbergbau in der Marienberger Pflege blühte und später mit
seinen hallenartigen Räumen immer als Exerzier= und Kammer-
gebäude von der jeweiligen Garnison benutzt. Diesem Zweche dient
es auch heute noch. Das hohe massive Gebäude mit den luten-
artigen Fenstern wurde in den Franzosenkriegen als Hospital be-
nutzt, und es liegen hinter demselben in einem vormaligen Steinbruche
175 in den Jahren 1813 und 1814 hier verstorbene Soldaten
begraben, nämlich 8 Österreicher, 4 Preußen und 163 Franzosen.
So meldet ein einfacher pyramidenförmiger, vom Marienberger
Verein verabschiedeter Militärs am 50. Jahrestage der Schlacht bei
Leipzig erneuerter Denkstein. In dem Bergmagazin ist es nicht
richtig. Es spuht darin von Zeit zu Zeit. Die Franzosen-Resel
geht dort um.
Wenigstens ist das früher geschehen und über die Ursache
erzählt man sich noch anfangs der sechziger Jahre in der Bevölkerung
eine gar gruselige Geschichte. Ich habe sie gehört aus dem Munde
eines alten Waldarbeiters, als ich 1862 bei dem 7. Infanterie-
Bataillon in Marienberg diente und im Winter jenes Jahres mit
einem Unteroffizier einmal eine Klöppelstube besuchte. Während
im Ofen ein helles Feuer prasselte, der Wind ganze Schwaden
Schnee gegen die Fenster warf, die jungen Burschen ihre Pfeifen
dampfen ließen und die fleißigen Finger der Mädchen die hölzernen
Klöppel in Bewegung setzten, daß sie lustig klapperten und die auf
dem Klöppelsack aufgeheftete Spitze zusehends wuchs, erzählte der
weißbärtige sehnige Waldmensch die Geschichte von der Franzosen-
Resel wie folgt:
„Daß es im Bergmagazin scheecht, ist so gewiß wie Amen in
der Kirche. Das hat mir schon mein Großpvater erzählt. Die
Franzosen-Resel geht dort um. Sie kann Reine Ruhe im Grabe
finden, weil sie auf Erden ein gar so trauriges Los gehabt hat, daß
sie zuletzt den Verstand verloren hat und sich das Leben nahm. Als
Meiche, Sagenbuch. 9