Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— XVIII — 
freudige Landvolk der Sächsischen Schweiz lehnt bis zur Stunde 
den Rübezahl mit überlegenem Lächeln ab und wird ihn immer 
ablehnen. Aur der fremde Forscher sei hier nochmals gewarnt. 
So viel über mein Verhältnis zum Stoff der Sagen.“ 
Der Sagensammler muß aber auch Stellung zur Form der 
Sage nehmen. Im allgemeinen wird man gut tun, von der 
Wiedergabe der Volkssage in gebundener Rede abzustehen. Nicht 
jeder Forscher ist zugleich ein Goethe oder Bürger, und meist 
streift eine solche Bearbeitung den Schmelz von dem eigenartigen 
Gebilde. Wer die Blume der Sage im Vole pflücken will, dem 
ist die Keusche Hand der Brüder Grimm zu wünschen und deren 
Geleitswort auf den Weg zu geben: „Das erste, was wir bei 
Sammlung dieser Sagen nicht aus dem Auge gelassen haben, 
ist Treue und Wahrheit.“ Soweit in meinem Buche mündliche 
Uberlieferungen beigebracht sind, ist diese Mahnung fast aus- 
nahmslos beherzigt. Sie sind nach der Weise des Erzählers aus 
dem Volke wiedergegeben, und wo es anging, sind auch dialek- 
tische Wendungen nicht vermieden. Dieselbe Treue glaubte ich 
aber auch meinen gedruckten Vorlagen zu schulden, obwohl ich 
weiß, daß man gerade Gräße den ungefügen Stil seiner Sagen 
oft zum Vorwurf gemacht hat. Ich habe sogar in einzelnen 
Fällen, wo Gräße modernisiert hatte, die ältere Stilform wieder 
hergestellt. Nur etwa daraus hervorgehende Unklarheit habe ich 
möglichst zu vermeiden gestrebt, was jedoch meistens durch eine 
sorgfältigere Interpunktion zu erreichen war. Denn es ist meine 
Meinung, daß z. B. die oft recht unpoetischen Gespenstersagen, 
die meist aus dem 17. Jahrhundert überliefert sind, einen viel 
stilvolleren Eindruck machen, wenn sie in der unbeholfenen Aus- 
druchsweise jener Zeit überliefert werden. Dem Volksforscher 
wird zudem manchmal eine einzige altmodische Wendung zum 
Ich bedauere es sehr, hier nicht auch auf das Verhalten 
der benutzten Quellenschriftsteller zu dem von ihnen überlieferten 
Mlaterial eingehen zu können. Das würde eine interessante kultur- 
geschichtliche Studie geben, für die sich vielleicht einmal an anderer 
Stelle Raum bietet.
	        
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