Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— KXXI — 
überschrift (die aus Pietät in der Regel beibehalten wurden) 
entpuppte sich als ein schlichter Poltergeist, mancher Zwerg 
als ein gewöhnliches Gespenst, wofür übrigens die älteren Chro- 
nisten oft den Ausdruck „Teufel“ gebrauchen. Aber in den 
meisten Fällen ergab sich schließlich doch eine stärkere Hin- 
neigung zu der einen Gattung, und wo die Zugehäörigkeit 
zweifelhaft schien, wurde hier immer auf die verwandten Sagen 
verwiesen. 
Zu dieser Einteilung nach dem Stoffe Kkommt nun die geo- 
graphische, oder vielleicht darf ich sagen ethnographische Gliederung. 
Es ist ein Ausblick in die Zukunft, wenn ich den Wunsch äußere, 
es möchte das germanische und slavische Sagengut gesondert vor- 
gelegt werden können. Heute wäre der Versuch mindestens ver- 
früht. Dazu fehlt uns noch eine allumfassende Bolkskunde aus 
nur deutschen Gebieten und vor allem ein gleiches Werk der sla- 
vischen Nachbarn. Aber es müßte überaus reizvoll sein, auch 
an den Sagen das Aufeinanderwirken des fslavischen und 
germanischen Völkergedankens auf unserem Kolonialboden zu 
verfolgen. 
Vorläufig müssen wir uns mit einer minder wichtigen, aber 
doch ergebnisreichen Gruppierung des Materials bescheiden. — 
In Sachsen treten deutlich als besondere Volksstämme hervor: 
Vogtländer, Erzgebirger, Oberlausitzer und Obersachsen; letztere 
zerfallen wieder in Aleißner und Osterländer (Gegend von 
Leipzig). Es bedarf noch der gemeinsamen Arbeit von Dialekt- 
forschung, Namenkunde und Besiedelungsgeschichte, um diese ethno- 
graphischen Einheiten sicher zu umgrenzen: nach ihnen wird später 
eine Umschaltung einzelner Mummern des Sagenbuchs nötig 
  
* Daß vielfach Parallelen und Varianten einer Sage mit 
aufgenommen worden sind, wird den Lesern aus den betreffenden 
Orten willkommen sein, der Forscher aber wird mich darum nicht 
schelten, weil er so das ganze Verbreitungsgebiet der Sage und 
manche abweichende, eigenartige Züge derselben kennen lernt. Aur 
wo ersichtlich stlavische Machbildung vorlag, ist auf deren Wieder- 
gabe verzichtet worden.
	        
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