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Es läßt sich denken, daß die vielen Besitzer dieses Ortes,
die nur vom Raube lebten, sowie angeblich auch die Klosterbrüder
große Schätze aufhäuften, die sie in der Erde verbargen, um im
Falle der Not von ihnen Gebrauch zu machen. Plötzlicher Tod
oder andere Umstände verhinderten es, daß ihre früheren Herren
ihre Absicht ausführen konnten, also liegen sie noch hier in der
Erde Schoß und warten, weil sie von bösen Geistern bewacht werden,
ihrer Erlösung durch kräftige Bannformeln. Man erblickt hier zu—
weilen leuchtende Flämmchen, welche den ihnen Folgenden in Ab—
gründe leiten, wo er beschädigt hinabstürzt, oder wenn es glücklich
geht, in entferntere Gegenden gleichsam auf Windesflügeln von
einem Wirbel gedreht wird. Bald schwirren in dunkeln NAächten
scheußliche Ungeheuer mit glühenden Augen, Flammen aus dem
Rachen hauchend durch die Lüfte, und bald erscheinen im halben
Lichte des Vollmonds riesige Gestalten in schwarzen Harnischen mit
blutroten Helmbüschen, abwechselnd mit Männern in Mönchskutten
und Frauen in alter Kleidung, vollgestopfte Wetscher tragend, die
mit grauserregenden Gesichtern, hohlen Augen und widrigen Ge—
bärden den hierher Verirrten oder neugierigen Fremdling anglotzen
und winken. Aie aber hat irgend jemand von den Sputhgestalten
Geschenke erhalten oder ist ihm durch sie ein Schätze bergender
Fleck angezeigt worden, ebensowenig als diejenigen, welche kühn
genug daselbst nach Schätzen gruben, dadurch beglückht wurden,
sondern entweder verarmten oder mit lebenslänglichen Krankheiten
heimgesucht wurden.
264. Das Bergmännlein auf dem Hochwalde.
Gräße, Bd. I, Nr. 893; nach Gräve S. 130 ff.; Winter in der Constit.
Zeitung 1854, Mr. 208.
Auf dem Hochwalde, welcher bekanntlich eine der schönsten
Aussichten vom Oybin gewährt, und in dessen Boden sich nach den
Sagen der Wahlen kostbare Edelsteine befinden sollen, geht zu
Zeiten, meist am Heiligabend des Weihnachts-, Oster-, Johannis-=
und Miichaelisfestes ein kleines, aschfarbig anzusehendes Männchen
herum, das lange weiße Bart= und Kopfhaare hat, einen schwarzen,
rotverbrämten, mit einem gelben Gürtel umgürteten Talar, auf
dem Haupte eine spitze trichterförmige Mütze von smaragdgrüner
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