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verschwand sie, indem sie ein wenig zu rascheln anfing, aus seinen
Händen.
Im Jahre 1856 gingen zwei Schwestern abends von Teich—
nitz nach Oehna; als sie ins Karlsthal kamen, sahen sie, daß ihnen
die weiße Frau entgegen kam; es sagte die eine zur anderen:
„Werden wir etwas sagen?“ Jene antwortete: „Das versteht sich!“
Da wünschten sie ihr (die eine deutsch, die andere wendisch) „Guten
Abend“", und sie dankte ihnen mit dumpfer Stimme.
284. Der verbannte Soldat in Purschwitz.
Mitgeteilt von Dr. Pilk.
Am Abend nach der Schlacht bei Bautzen loderte die Kirche
des Dorfes Purschwitz, angestecht von der Hand eines Soldaten, in
Flammen empor. Jener Krieger nun, der das Gotteshaus an-
gezündet hat, ist in einen langen Hohlweg unweit des Dorfes
Purschwitz gebannt. Er muß den Hohlweg so lange auf und ab
marschieren, bis seine Strafzeit vorüber ist, und hat noch Jahr-
hunderte zu warten, ehe er zur Ruhe kommt (vergl. jedoch Mr. 365).
285. Die unerlöste Seele.
Luzica 1892, S. 85 f., übersetzt von Dr. Pilk.
Aahe bei Drehsa am Wege, welcher von Drehsa nach Gröäditz
führt, hat in alter Zeit ein großer Baum gestanden. Als dort ein-
mal ein Knecht in der Nacht bei Mondschein vorübergegangen ist,
aus seinem Pfeischen schmauchend, hat er dort unter diesem Baum
ein kleines Männlein sitzen sehen, welches auch ein Pfeischen Tabak
geraucht hat. Da hat das Männlein den dienenden Burschen ge-
beten, daß er ihm seinen Tabaksbeutel leihen möge, damit es sich
sein Pfeifchen vollstopfen Kkönne. Der Knecht hat seinen Wunsch
erfüllt und ihm seinen Beutel gereicht — das Alännlein hat aber
den ganzen Beutel Tabak in sein Pfeischen gestopft, was unseren
Burschen sehr ärgerte. — Nach einiger Zeit geht dieser Knecht wieder
in der Nacht bei Mondenschein vorüber; das Männlein sitzt dort
Meiche, Sagenbuch. 15