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sehen lassen. Ist nämlich der Mitternachtsstunde letzter Ton ver—
hallt, so entsteigt dem daselbst befindlichen sogenannten Querxloche
eine Menge in tiefste Trauer gehüllter Zwerge. Lange Flöre ent—
wallen ihren kleinen runden Hütchen, acht Mann, welche gedämpften
Posaunen Klagetöne entlocken, schreiten voran, ihnen folgt ein langer
Zug, in dessen Mitte unter Vortritt eines Vornehmern als die andern
sechzehn Zwerge, die das Sargtuch tragen, und denen ebensoviel
zur Seite stehen, ein offener Sarg folgt, in welchem ein ebenfalls
so kleines totes Männchen mit Silberhaaren und Bart, eine Krone
auf dem Haupte und einen Zepter in der rechten Hand, liegt.
Mit Blumen aus arabischem Golde und wundervollen käöstlichen
Edelsteinen ist der Sarg geschmückt. Aachdem sie dreimal in die
Runde gezogen sind, wird der Sarg, nachdem er geschlossen, wiederum
unter Wehklagen der Erde übergeben. Ist der Sarg in die Erde
versenkt, so reinigen sich die Zwerge in dem daselbst befindlichen
Querxborne, ordnen sich in Reihe und Glied, die Trauermusik be—
ginnt, und nach und nach verschwinden sie wieder im Querxloche.
435. Die Kirche auf dem Oybin.
Gräße, Bd. II, Nr. 833; Gräve S. 168.
Am Abend des Allerheiligentages in der elften Nachtstunde
bietet die Ruine auf dem Oybin ein sonderbares Schauspiel dar,
denn da versammeln sich die Rleinen Heimchen (Erdmännchen) in
Menge, ordnen sich Paar und Paar, führen einen Priester in der
Mitte und ziehen mit Wachskerzen in der Hand in die Ruine der
Kirche, wo sie sich alsdann in ihre unterirdischen Behälter begeben.
Dann ertönt in feierlich ernsten Tönen die Orgel, man vernimmt
Gesänge von lieblichen Melodien und hört den Priester das Hoch-
amt halten.
436. Der Zwerg bei Hörnitz.“
Gräße, Bd. II, Nr. 843; Gräve S. 107.
Unweit der Stadt Zittau beim Dorfe Hörnitz liegt ein von
Porphuyrschieferstüchen wild zusammengeworfener, mittelmäßig hoher
* Willkomm, Sagen aus der Oberlausitz, Bd. J, S. 27 ff. erzählt die
Sage ganz anders.