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anbrach, sie am Wasser saßen. Teils hat es ihnen begegnet, wie
ein Fischer mit Hamen, und sie getäuscht bis in die Dorfhäuser, daß
sie zu zehn bis zwölf Wochen krank gelegen.
Einst wohnte ein alter Fischer am Ufer der Pöhl, der hatte
eine wunderschöne Tochter. Wie es aber so zu gehen pflegt, bald
war ihr Herz nicht mehr frei, und so hatte sie sich denn aus der
großen Anzahl ihrer Anbeter einen der hübschesten jungen Burschen
ausgesucht. Aun war sie aber heiteren und munteren Sinnes, und
daher kamen oft aus dem benachbarten Dorfe die jungen Mädchen
und Burschen bei ihrem Vater zusammen und vertrieben sich die Zeit
mit heiteren Scherzen und Spielen. Da begab es sich einst am
Andreasabend, daß das junge Volk auch wieder beisammen war
und im Scherz darauf kam, die Zukunft zu befragen. Man schaffte
Blei herbei und ein jedes versuchte sein Glück mit Gießen. Als
nun die Reihe auch an die schöne Fischerstochter kam, da spritzte
auf einmal beim Guß helles Feuer aus dem Wasser, das Blei zer—
fuhr und nahm sich auf dem Wasser wie Blutstropfen aus. Das
Mädchen schrie laut auf, und alles schwieg bestürzt ob des traurigen
Anzeichens. Endlich schlug ihr Bräutigam vor, das Schicksal noch
einmal zu befragen, nämlich nach dem Pöhlwasser zu gehen und
dort Reiser zu suchen. Zwar wollte das Mädchen nicht mit fort,
allein durch Zureden ließ sie sich endlich bewegen, mitzugehen. Alle
ihre Begleiter brachen sich ihre Zweige, als aber das schöne Trudchen
nach einem derselben langen wollte, glitt sie aus und ein Aix zog
sie hinab in die Fluten, der am ganzen Leibe blau aussah, auf dem
Haupte aber ein Krönlein trug. Man kann sich die Verzweiflung
des Bräutigams, der ihr nachspringen wollte, und des nun kinder—
losen greisen Vaters vorstellen. Diesen entrückte der Tod bald
seinen irdischen Leiden, jener aber irrte jede Nacht am Ufer der
Pöhl in halbem Wahnsinn herum und behauptete, er sehe seine
Braut in blauer Aixentracht aus der Flut auftauchen, sie breite die
Arme nach ihm aus und rufe ihm zu, „in einem Jahre werde sie
wieder mit ihm vereinigt sein“, dann werfe sie ihm feurige Küsse
zu, die wie die Sternlein am Himmel glänzten, allein er vermöge
sie nicht zu erhaschen. So verging ein Jahr; der sonst so blühende
Jüngling war zum Schatten zusammengeschwunden, und als wiederum
die Andreasnacht kam, da war er an seinem gewöhnlichen Orte.
Allein dieses Mal sah er seine Braut nicht mehr aus den Fluten