Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 378 — 
Fuß hineinsetzte, verkündete der Kirchseiger leise die zwölfte Stunde. 
Da erhob sich ein Sturm. Stärker rauschten die Halme des 
Schilfes und knarrend bogen sich droben auf dem Hainberge die 
hundertjährigen Fichten; dann legte sich die Windsbraut; alles 
wurde wieder still. Der Mond lugte bleich durch schwarzgezacktes 
Gewölk. Nix und ANixen waren verschwunden. Aur ein langgedehnter 
Weheschrei drang aus der Tiefe der Flut zu den am Ufer zitternd 
stehenden Burschen. Aach einer Pause erscholl ein gleicher Schmerzens- 
laut. „Gib acht“, sagte wehmütig der eine Jüngling zu seinem 
Gefährten, „die kehren nie mehr wieder!“ Und er hatte recht — 
die schönen Undinen blieben von da aus, denn ihr Dasein war ver- 
wandelt. „Hätten wir nur das nicht getan!“ jammerten die Anstifter 
der Aec#herei. In der Aähe des Schwarzteiches haben sich dann 
oft zwei weiße Gestalten gezeigt. Fuhrleute wollen sie gesehen 
haben, deren Pferde an den Geistern nicht vorüber mochten, aber, 
mit der Peitsche angetrieben, scheu wurden und Rheinem Zügel mehr 
gehorchend, unaufhaltsam zurückjagten. 
498. Die Wasserfrau und der Fleischerbursche zu Zittau. 
Gräße, Bd. II, Nr. 814; nach Haupt, Bd. I, S. 55. 
Oft kam die Wassermannsfrau nach Zittau, um Fleisch ein- 
zukaufen. Sie pflegte dabei immer ihren Weg durch ein kleines 
Pförtchen in der Straßenmauer zu nehmen. Einstmals kham sie 
auch zu einem Fleischer und wollte ein Stück Fleisch Kaufen. Als 
es ihr der Bursche zurecht hacken wollte, hielt sie das andere Ende 
fest und der Bursche hackte ihr mit seinem Beile aus Unvorsichtig- 
keit einen Finger ab. Die Wasserfrau schrie laut auf und rief 
zornig: „Warte nur, dafür sollst du noch mein werden!“, lief weh- 
klagend davon und ließ sich nicht wieder sehen. Der Mieister ließ 
nun den Burschen drei Monate nicht über Land gehen, um Ein- 
käufe zu machen, damit ihn nicht etwa die Wasserfrau samt 
dem Vieh mordete. Aber nach dieser Zeit erlaubte er es dem 
Burschen und schickte ihn aus, um auf einem nahe gelegenen 
Dorfe ein Stüch Vieh zu holen. Der Bursche mußte auf seiner 
Wanderung über einen ganz kleinen Graben, in dem nur ein
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.