Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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593. Die Teufelskanzel in der Schloßkirche zu Chemnitz. 
ANach Gräße, Bd. J, Ar. 553. 
Das Schloß Chemnitz war einst Benediktinerkloster. Aus 
jener Zeit ist nur die Kirche mit ihrem spätgotischen Portal in 
Rochlitzer Porphyr erhalten. Das ehemalige Kloster war nun wegen 
der Sittenverderbnis seiner Mönche im ganzen Lande weit und 
breit verrufen. Mit der Erbauung des Schlosses (2) war aber der 
Teufel keineswegs zufrieden. Er beschloß daher ein ewiges Zeichen 
der Mißbilligung der Mit= und Nachwelt zu hinterlassen. Kaum 
war die Kirche des neuen Aönchsklosters vollendet, als er in einer 
Aacht die Treppen heraufschritt und dem Altare und der KRKanzel 
gegenüber noch eine Kanzel zu bauen begann. Rasch, mit höhni- 
schem Lächeln vollendete er seine Arbeit. Um aber den Mißmut 
der Brüder zu vergrößern, vermauerte er die Kanzel, damit nie- 
mand sie betreten und benützen Kkönnte. Der Tag begann zu 
dämmern, als er mit seiner Arbeit zustande gekommen war, und 
er ging, um seinen Heimweg anzutreten. Zuvor aber trabte er in 
das Schiff der Kirche, beschaute sich sein Werk und befand es für 
gut. Dann entfernte er sich eiligst. Am Morgen aber, als die 
Brüder zu beten Bhamen, erstaunten sie nicht wenig über die neue 
Kanzel und stiegen die Treppe aufwärts, um zur Kanzel zu ge- 
langen. Siehe, sie war vermauert. Voll Entsetzen fanden sie aber 
auch die Spur eines eingedrüchkten Pferdehufes. Sogleich erkannten 
sie den Schöpfer dieses Werkes und zugleich seinen bösen Willen. — 
Voch jetzt sieht man die Kanzel unbeschädigt und kRennt sie in der 
ganzen Gegend unter dem Namen der Teufelskanzel. 
* In derselben Rirche befindet sich auch eine Geißelung Christi, sehr 
schön aus einem Eichenstamm geschnitzt, der in der Kirche selbst gewachsen 
sein soll, und über demselben zeigt man in der Mauer eine bogenförmige 
Vertiefung, das sogenannte Fegefeuer, worin sich immer ein Sausen ver- 
nehmen läßt. Mitten in der Kirche zeigen verschiedene feuchte, nie weg- 
zuwischende Flecke eine menschliche Figur an: dort fiel einst bei einer 
theatralisch--religiäösen Aufführung ein Mönch von der Decke herab ((s. 
Schumann, Lex. v. Sachsen, Bd. IV, S. 551).
	        
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