Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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nacht in seines Müllers Keller, weil er öfters hatte sagen hören, 
daß seit dem Schwedenkriege allda ein großer Schatz verborgen 
sei, da denn seine Wünschelrute allezeit auf die Seite schlug. Diesem 
Seitwärtsschlagen der Rute folgte der Junge, bis sie unterwärts 
schlug und endlich gar stillstand, welches das Zeichen war, daß der 
Schatz allda verborgen lag. Darauf fing er an, den 21. Oktober 
zwischen 11 und 12 Uhr sein erstes Kunststüch in Teufels Namen 
zu probieren. Er wußte sich gar leicht in diese satanischen Unter- 
nehmungen zu finden, er machte Zaubertkreise, zeichnete Charatktere, 
setzte Lichter hin und sprach Beschwörungsformeln, da ging endlich 
ein Rauch auf an dem Orte des Schatzes. In demselben sah er 
einen Geist als ein kleines Männchen gestaltet, und wie mit einem 
grauen Flor überzogen, ingleichen fand er auch zwei Zweigroschen- 
stücke auf derjenigen Lade liegend, auf welcher die drei Lichter vor 
ihm standen. Darauf befragte ihn der Geist: „ob er damit zu- 
frieden sei?“ und als er mit „ja“ antworten mußte, verschwand 
derselbe. Der Mühljunge verrichtete nun zum Beschluß kRniend sein 
vorgeschriebenes Gebet, nahm die vier Groschen, löschte das mittlere 
Wachslicht zuerst aus, nachgehends auch die anderen, löste die 
Zauberkreise wieder auf und ging also rückhwärts zufolge seiner 
Instruktion bis zur ersten Stufe aus dem Keller wieder heraus, 
legte sich schlafen und war insoweit auf dies Mal mit seinem ge- 
fundenen Schatze zufrieden. Den 28. Oktober, als den folgenden 
Freitag, nahm er den andern Prozeß vor. Es geschah derselbe mit 
einer schärfern Beschwörung als das vorige Mal. Der Geist er- 
schien auf seine halb gütige, halb trotzige Einladung. Es tat sich 
sogar die Erde von dem Schatze weg, daß er den Goldklumpen 
deutlich sehen konnte. Er für seine Person aber fand diesmal 
auch nicht mehr als ein brandenburgisches Sechzehngroschenstück auf 
der Lade, welches im Jahre 1686 geprägt war. Dieser neue Teufels- 
prozeß endigte sich eben wie der vorige, wobei er jederzeit mit auf- 
gerechtem Finger dem Satan einen Eid schwören und Gott und seiner 
eigenen Seligkeit absagen mußte. 
An dem darauf folgenden Freitage, den 4. November, wurde 
der dritte Prozeß auf vorige Weise vorgenommen, wo sich denn der 
Schatz völlig äußerte. Er sah einen großen Schwenktessel voll 
Gold; es schien ihm, als wenn auch anderwärts im Keller gegen 
die Ecke zu ein vierechiges Kästchen aus der Erde hervorgetan
	        
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