Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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er kam eilenden Schrittes noch zur rechten Zeit daheim an, um die 
Gefahr zu beseitigen, denn schon standen zwei Höllengeister mit 
langen Gabeln hinter dem unbefugten Leser, dem sie den Garaus 
machen wollten. Er bannte die Unholde und untersagte dem Knuechte 
streng, das Buch jemals wieder zu berühren. 
Des Schwarzkünstlers zweites Gesicht war als getreues Ab- 
bild seines Körpers von letzterem unabhängig, so daß dasselbe oft 
früher erschien als er selber. Manchen Dörfler beschlich ein Grausen, 
wenn der Buschmüller in seine Stube trat, sich niedersetzte, aber 
nicht redete, dann nach einiger Zeit, gewöhnlich fünf Minuten später, 
der rechte Buschmüller kam und genau auf dem Stuhle Platz nahm, 
wo sein vorauserschienenes Trugbild bereits saß, das nun mit ihm 
verschmolz. 
Einstmals wollte er seine Kunst einem vierzehnjährigen Knaben, 
den er gern hatte, lehren. Der Junge war begierig zu erfahren, 
welche Vorbedingungen dazu nötig wären. Da erklärte ihm der 
Buschmüller: „Du mußt mir, wenn du nächstens wirst zum ersten 
Male an den Tisch des Herrn treten, die dir gespendete Hostie mit- 
bringen und darfst sie nicht genießen. Aimm sie unbemerkt aus 
dem Munde und steche sie in die Tasche!“ Der Knabe erzählte dies 
seinem Vater. Dieser, ein gottesfürchtiger Mann, drohte dem Buben 
ernstlich: „Unterstehe dich solches Frevels nicht, sonst bist du meiner 
strengsten Strafe sicher!" Da hat's der Knabe auch nicht getan. 
Als er nun wieder einmal in die Buschmühle kam, fragte der 
AMlüller: „Wo hast du die Hostie?" Er schwieg betroffen. Da fuhr 
der Alte fort: „Hast du, sei es auch nur ein einziges Mal, vom 
Leibe des Gottessohnes genossen, so kann ich dir meine Kunst 
nimmer lehren!“ 
Vor seinem Tode hat der Buschmüller auch dreierlei geweis- 
saget: „Es werden drei meiner Nachfolger in diesem Hause ihr 
Dasein in bedrängten Verhältnissen fristen müssen.“" „Wenn die 
eisernen Straßen werden durchs Land führen, dann entsteht ein 
großer Krieg!“ und „Wenn die Frauen gerade solche Hüte wie die 
Alänner tragen werden, dann wird die schönste Zeit vorüber sein!“
	        
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