Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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jagd gelangt er zu einer Schmiede. Dort hält er an und ersucht 
den Schmied, auf die Hufe des jungen, noch nicht beschlagen ge— 
wesenen Pferdes vier glühende Eisen aufzulegen. Dem Schmied 
erscheint der Auftrag etwas sonderbar. Er ladet den Reiter ein, 
die Hufeisen selbst mit auszuwählen. Während beide den Flur 
betreten, macht sich der Bube des Schmieds mit dem angebundenen, 
schweißtriefenden Rosse zu schaffen. Da lispelt ihm dasselbe ins 
Ohr: „Ziehe mir einmal den Zaum über das linke Ohr herunter!“ 
Der Junge ist dazu bereit. Kaum lüftet sich der Halfter, so ver- 
schwindet das Pferd, und Krabat erhebt sich in Gestalt einer Lerche 
singend in die Lüfte. Es dauert nicht lange, da kommt der alte 
Zauberer als Stößer ihm nachgeflogen. Als die Lerche gegenüber 
dem schnelleren Fluge des Raubvogels kein Entkommen sieht, stürzt 
sie sich herabschießend in einen offenen Brunnen und ist zum Fisch 
geworden. Eine reine Jungfrau naht sich dem Born, um Wasser 
zu schöpfen, und, o Wunder, der Fisch, den sie erblicht, wird zum 
goldnen Fingerreif und stecht an ihrer Hand. Freudig bewegt will 
sie heimeilen, da steht auch schon der weißbärtige Alte vor ihr und 
bittet sie, ihm den Ring zu verkaufen. Er gibt sich alle nur erdenk- 
liche Mühe und setzt ihr einen fabelhaften Preis. Sie aber bleibt 
standhaft und behält das Kleinod. Uber die unbeflechte Maid hat 
der Böse keine Gewalt. Er bleibt jedoch in der Aähe ihres elter- 
lichen Gehöfts. Das Alädchen kommt bald wieder heraus mit 
einer Schürze voll Gerste, welche es den Hühnern hinstreut. Dabei 
gleitet ihr der Ring vom Finger, verwandelt sich aber sofort auch 
in ein Gerstenkorn. Während die Hühner das Futter aufpicken, 
stolziert ein fremder Hahn herbei und will mit von den Körnern 
fressen. Im Au verwandelt sich jetzt Krabat aus dem Gerstenkorn 
in einen Fuchs, welcher den Hahn blitzgeschwind erfaßt und zerreißt. 
Das war das Ende seines Lehrmeisters, der hier bei Ausübung der 
schwarzen Kunst vom Tode ereilt wurde. 
Nach seiner Heimat Eutrich zurüchgekehrt, machte Krabat die 
erste Bekanntschaft des Landesherrn. Er hütete eben eine Herde 
Borstenvieh, als August der Starke im Wagen dort vorüberfuhr. 
Wie nach Kommando erhoben sich da auf einmal sämtliche Schweine 
auf die Hinterfüße und paradierten so, kerzengerade stehend, vor dem 
Könige. (Vgl. Luzica 1885 S. 90 ff.) Letzterer wurde aufmerksam 
auf den wendischen Eumaios und nahm ihn mit nach Dresden,
	        
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